Cloud only, Cloud first, Hybrid Cloud oder gar nicht in die Cloud? Die Frage nach der richtigen Cloud-Strategie ist derzeit eines der meistdiskutierten Themen in Unternehmen und Organisationen. Dass der Trend in Richtung Cloud geht, wurde in den vergangenen Jahren deutlich und wird aus Sicht von Lünendonk auch in Zukunft weiter anhalten, wenn nicht sogar noch massiv verstärkt. Laut der jährlich erscheinenden Lünendonk®-IT-Marktstudie sagen 53 Prozent der befragten IT-Verantwortlichen, dass sie in den kommenden zwei Jahren einen Investitionsschwerpunkt auf die Cloud-Transformation legen werden. Cloud-native Technologien haben in diesem Kontext stark an Relevanz gewonnen. Doch was hat es mit dem Hype um Cloud-native tatsächlich auf sich – und werden Cloud-native Technologien zu Recht gehypt?
Cloud-native: Software aus und für die Cloud
Zunächst einmal sollte geklärt werden, was „Cloud-native“ überhaupt bedeutet. Die Nutzung von Containern und Kubernetes? Service Mesh? Der Bezug von Public-Cloud-Services? Vorab: Eine eindeutige Definition, auf die sich alle einigen können, gibt es am Markt nicht. Die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) liefert – abgekürzt – dazu folgende Definition: „Cloud-native Technologien ermöglichen es Unternehmen, skalierbare Anwendungen in modernen, dynamischen Umgebungen zu implementieren und zu betreiben. Dies können öffentliche, private und Hybrid Clouds sein.“ In anderen Worten könnte man sagen, Cloud-native stellt einen Softwareentwicklungsansatz dar, bei dem Anwendungen von Anfang an für den Einsatz in der Cloud konzipiert werden oder, im Falle von Legacy-Anwendungen, für den Cloud-Einsatz umgebaut werden. Alle Entwicklungsanforderungen werden somit auf die Cloud und eine entsprechende Cloud-Architektur hin ausgerichtet.
IT-Abteilungen dürften sich die Frage stellen, wieso Software plötzlich anders entwickelt werden sollte, als es bisher in der On-Premises-Welt der Fall war. Das mag zum einen daran liegen, dass sich Kunden- und Marktanforderungen durch die Digitalisierung schneller verändern und Produkte, Services und Lösungen – und damit auch Software – stärker auf diese neuen Anforderungen ausgelegt werden sollten.
Beispielsweise müssen digitale Produkte mittlerweile in einer höheren Geschwindigkeit, Agilität und Flexibilität entwickelt werden, um den immer kürzeren Technologie- und Innovationszyklen gerecht zu werden. Gleichzeitig müssen sie extrem hohe Anforderungen an User Experience erfüllen, weshalb während der Softwareentwicklung sehr häufig UX-Tests durchgeführt werden. Oder anders formuliert: Time-to-Market und Customer Centricity sind Keys bei der digitalen Transformation.
Laut der Lünendonk®-Studie „Cloud-native Software Development“ sehen 76 Prozent der IT-Entscheiderinnen und -Entscheider diese Benefits als Hauptvorteile von Cloud-native-Technologien. Auch sind viele IT-Systeme so veraltet (Legacy-IT), dass sie den heutigen Anforderungen hinsichtlich User Experience und Interoperabilität zum Datentransfer über Systemgrenzen hinweg (End to End) nicht mehr genügen. Moderne, intuitive Systeme dienen daher auch der Customer Centricity und der Customer Experience: 77 Prozent der Studienbefragten sehen Cloud-native-Technologien als einen wichtigen Mehrwert, um stärker kundenzentriert zu agieren. Zwar erwarten Unternehmen auch Kostenersparnisse durch Cloud-native Anwendungsfälle, die anfangs (Day 0 und Day 1) noch erzielt werden können, einige Use Cases zeigen jedoch, dass hierauf nicht zu große Hoffnungen gesetzt werden sollten und man sich lieber auf andere Kennzahlen zur Innovationssteigerung konzentrieren sollte.
DevOps, CI/CD und Kubernetes beschleunigen die IT
Darüber hinaus bietet die Cloud schlicht und ergreifend neue technologische Möglichkeiten, wie sich Software entwickeln lässt und wie diese genutzt wird. So macht sich Cloud-native die Tools und Prinzipien wie Agilität, DevOps, Continuous Integration/Continuous Delivery (CI/CD), Container, Microservices und Service Mesh zunutze. Durch die Containerisierung von Work Packages – etwa mithilfe von Kubernetes, dem De-facto-Standard für die Orchestrierung von Containern – lassen sich modulare, dynamische und skalierbare IT-Architekturen aufbauen, wodurch man im Vergleich zu starren Monolith-Architekturen an Geschwindigkeit und Flexibilität gewinnt. In diesem Kontext kommt auch häufig „Function as a Service“ (FaaS) zum Einsatz. FaaS teilt Applikationen in einzelne Funktionen, die sich individuell implementieren und verändern lassen. Der Vorteil: Die Funktionen können zwischen unterschiedlichen Plattformen verschoben werden und werden nach dem Pay-per-Use-Prinzip nur abgerechnet, wenn sie auch genutzt werden.
Cloud-Technologien sind in unterschiedlicher Intensität bereits im Einsatz
Festzuhalten ist aber auch, dass Cloud-native noch eine recht moderne Disziplin in der Softwareentwicklung ist. Wie oft kommen die Technologien bereits zum Einsatz? 44 Prozent der in der Lünendonk®-Studie Befragten nutzen Cloud-native in ausgewählten Projekten, also noch in geringem Umfang. Für 22 Prozent ist Cloud-native bereits ein fester Bestandteil der Digitalisierungsstrategie. Jedes vierte Unternehmen (25 %) beschäftigt sich derzeit mit dem Thema Cloud-native und plant die baldige Einführung, um den Technologie-Stack zu modernisieren. Lediglich neun Prozent nutzen Cloud-native weder heute noch soll es in Zukunft eine Rolle spielen, etwa weil noch eine zu hohe Unsicherheit herrscht, die technologischen Mehrwerte noch nicht gesehen werden oder datenschutzrechtliche Bedenken überwiegen.
Bereiche, in denen Cloud-native eingesetzt wird
Cloud-native wird dabei nicht für alle Bereiche gleichermaßen oft genutzt. Besonders häufig werden Anwendungen Cloud-native in Kundenbereichen entwickelt, um digitale Produkte und Services skalierbar, hochverfügbar und mit einer hohen Experience anbieten zu können. Auch in der Logistik und im Supply Chain Management nutzen viele Unternehmen Cloud-native. Im Kontext von Industrie 4.0 und dem Wandel von Wertschöpfungsketten zu Wertschöpfungsnetzwerken sowie der Vernetzung mit Lieferanten und Kunden zur Schaffung transparenter Lieferketten werden IT-Systeme mithilfe der Cloud (weiter-)entwickelt. Ebenso kommt Cloud-native in einigen Fällen in der Produktion zum Einsatz. Durch die Verzahnung von Operational Technology (OT) und IT sollen Daten gegenseitig ausgetauscht werden und automatisiert miteinander kommunizieren. IIoT-Plattformen (Industrial Internet of Things) werden als technologischer Dreh- und Angelpunkt hierfür eingesetzt und Cloud-native-Applikationen daran angeschlossen.
Skeptisch sind Unternehmen hingegen in Bezug auf einen Einsatz in der Human-Resources- oder Finanzabteilung. Aufgrund der Sensibilität der eigenen Daten und der datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Datenspeicherung plant die Mehrheit der Unternehmen in diesen Bereichen keine Nutzung von Cloud-native.
Cloud-native wird häufiger strategisch verankert
Insgesamt dürfte Cloud-native in Zukunft aber an Relevanz gewinnen. Dass es sich als eine der Basistechnologien der digitalen Transformation entpuppt, zeigt sich auch darin, dass 39 Prozent der befragten Unternehmen bereits ein konkretes Zielbild über den künftigen Anteil von Cloud-native-Technologien entwickelt haben. In fast jedem zweiten Unternehmen (45 %) sollen 2023 mehr als 40 Prozent der IT-Anwendungen auf Cloud-native-Basis laufen. Banken und Versicherungen haben überdurchschnittlich häufig schon ein Zielbild definiert – trotz der regulatorischen Anforderungen. Etwa jedes vierte Unternehmen (27 %) plant derzeit ein solches. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Organisation und Prozesse auf die neuen Methoden einstellen müssen und die Kultur im Hinblick auf eine bereichsübergreifende und agile Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereichen angepasst werden muss. Eine der größten Herausforderungen dürfte darin liegen, Mitarbeitende mit entsprechenden Skills zu rekrutieren beziehungsweise ein Re-Skilling des vorhandenen Personals vorzunehmen.
Um zur zu Beginn gestellten Frage zurückzukommen, ob es sich für IT-Abteilungen lohnt, sich mit Cloud-native-Technologien zu befassen: Ja! Denn durch Cloud-native werden der Software-Release-Zyklus und die Time-to-Market verkürzt, Anwendungen werden unabhängiger von der dahinter liegenden Infrastruktur, sie werden flexibler, lassen sich besser skalieren und bilden damit die Basis für eine zukunftsorientierte IT, sodass Unternehmen an Innovationskraft gewinnen.