KI in der Produktion – wenn die Späne fliegen

Künstliche Intelligenz (KI) hilft dem produzierenden Gewerbe, seine Prozesse zu verbessern, die Produktivität zu steigern und eine zuvor kaum erreichbare Effizienz zu erzielen.

16. Oktober 2024

5 Min. Lesezeit

APS Software wayRTS, valantic Tool zur Produktionsplanung

Die Vorteile der Künstlichen Intelligenz für Fertigungsunternehmen beginnen bereits bei der Produktionsplanung. Das KI-unterstützte Planungswerkzeug wird mit dem im Unternehmen bereits eingesetzten ERP-System und dem Manufacturing Execution System (MES) verbunden. Die Daten aus beiden Quellen werden für eine KI-gestützte Produktionsplanung genutzt. Dadurch soll sich der Zeitaufwand um bis zu 50 Prozent verringern, sodass die Durchlaufzeiten sinken und die Termintreue steigt. Insgesamt verbessert sich dadurch die Wirtschaftlichkeit der Fertigung.

Darüber hinaus kann KI die Planungs- und Prognosegenauigkeit deutlich erhöhen, denn sie berücksichtigt weit mehr Abhängigkeiten und Einflussfaktoren, als herkömmliche Planungstools das bislang zu leisten vermochten. Zudem sind die Algorithmen des Systems darauf ausgelegt, Engpässe zu vermeiden und Produktionsressourcen möglichst vollständig auszulasten. Gleichzeitig trägt eine KI-unterstützte Planung dazu bei, weniger Ressourcen zu verbrauchen und den Ausschuss während der Fertigungsprozesse zu verringern.

KI schafft schneller und besser

Wie das in einem konkreten Business-Szenario aussehen kann, führt die Produktionsplanungs-Software eines spezialisierten Herstellers von Vakuumtechnik vor. Das Unternehmen verwaltet 1.200 Aufträge und verfügt über einen Planungszeitraum von sechs Monaten. KI berechnet für den Hersteller den kompletten Produktionsplan mit insgesamt 28.000 Einzelschritten auf 700 Maschinen, was auf einem Standard-PC knapp 60 Minuten dauert. Im Vergleich zur manuellen Planung verringert sich dadurch der Zeitaufwand um rund die Hälfte. Weitere Vorteile der KI-unterstützten Planung: Der Hersteller verbesserte seine Produktionsleistung um etwa zehn Prozent. Außerdem lassen sich nun Kapazitätsengpässe frühzeitig erkennen und vermeiden.

Doch nicht nur in der Planung, sondern auch direkt im Fertigungsprozess lässt sich KI vorteilhaft einsetzen. So nutzt DMG MORI, ein Hersteller von spanabhebenden Werkzeugmaschinen zum Drehen, Fräsen und Schleifen, die Künstliche Intelligenz, um die Leistung seiner CNC-Maschinen (Computerized Numerical Control) zu verbessern und die Fertigungsprozesse seiner Kunden aus dem produzierenden Gewerbe wirtschaftlicher und kostengünstiger zu gestalten.

KI wird durch Lernen schlauer

Maschinelles Lernen, also niederschwellige KI, ist die Voraussetzung, um durch Datenanalyse eigenständig Zusammenhänge zu erkennen und Aktionen auslösen zu können. Ein Beispiel für den lernenden KI-Einsatz bei Fertigungsmaschinen ist die Entsorgung von Spänen. Späne entstehen durch Abrieb bei der Bearbeitung vor Werkstücken und sind eine häufige Ursache für Maschinenstillstände und Störungen. Der AI Chip Removal von DMG MORI analysiert die Spanmenge mithilfe Künstlicher Intelligenz und sorgt anschließend automatisch für deren Entsorgung. Verwendet werden dafür zwei hochauflösende Kameras im Inneren der Maschine, die Aufnahmen des Arbeitsraumes liefern. Anhand dieser Bilder analysiert das System das Spanvolumen und lernt daraus, um schließlich die optimale Reinigungsmethode einzusetzen. Die Kühlmitteldüsen passen sich automatisch an die Position der Späne an und gewährleisten auf diese Weise eine möglichst rasche Spanentsorgung.

Winzige Arbeitsräume in Mikrometer

Ein weiteres Beispiel aus der Fertigung: Mikrozerspanung dient der Bearbeitung optischer Systemen, beispielsweise in der Medizintechnik. Dieses hochpräzise Verfahren im Mikrometer-Bereich, was etwa dem Durchmesser eines menschlichen Haares entspricht, erhält durch Künstliche Intelligenz einen Qualitätsschub. Der Fertigungsbetrieb Louis Bélet S.A. in Vendlincourt im Schweizer Kanton Jura plant den Einsatz der Technologie. Ziele sind laut Sinan Akyol, dem Technischen Berater des Unternehmen, die Prognosequalität zu erhöhen, Werkzeugpfade und Schnittparameter zu verbessern und durch KI Werkzeug-Geometrien automatisch anzupassen. Die erhofften Folgen: eine höhere Effizienz, sinkende Kosten und eine verbesserte Produktqualität.

Die nötigen technischen Mittel und das Know-how steuert das Gemeinschafts-Projekt AdaptCUT bei. Zusammen mit der Berner Hochschule Arc und Chiron Suisse, einem Hersteller von Produktionsmaschinen, soll die Verbindung von Künstlicher Intelligenz (KI) und Zerspanungstechnik effizientere und genauere Ergebnisse liefern. In der Zerspanung bietet KI erhebliche Vorteile, da sie komplexe Datenmengen verarbeiten, oft unerwartete Beziehungen erkennen und die Verarbeitungsgeschwindigkeit maximieren könne, betont Sinan Akyol von Louis Bélet.

Der Ursprung des Projekts AdaptCUT liegt in der Entwicklung der Micro5-Maschine von Chiron Suisse. Micro5 ist für die Bearbeitung kleiner Werkstücke ausgelegt. Sie bildet die Basis für das gemeinsame Mikrozerspanungs-Projekt, aus dem am Ende eine autonome Mikrofabrik hervor gehen soll.

KI betreibt autonome Maschine

Verläuft alles nach Plan, wird sich die Maschine zukünftig selbst optimieren. Auf dem Weg dorthin kommen mehrere Module zum Einsatz. Eine grobe Bestimmung der Schnittparameter für Werkzeug-Material-Paare liefert das Modul OptiCOM. Das Modul AdaptCUT GO wird mithilfe von KI neue Werkzeuge mit optimierten Geometrien entwickeln und das Modul AdaptCUT CC ist eine Webschnittstelle für die leichtere Benutzung der Micro5-Maschine. KI schöpft Potenziale zur Effizienzsteigerung und Produktivitätsverbesserung besser aus.

Thilo Karrenberg, Geschäftsführer der Hugo Karrenberg & Sohn GmbH & Co. KG, ist davon überzeugt, dass künstliche Intelligenz (KI) sowohl die Fertigungsprozesse als auch die Auftragsabwicklung massiv verändern wird. „Dennoch brauchen wir in Zukunft Fachkräfte, die Werkzeuge wechseln oder ein Programm schreiben“, betont der Firmenchef. Eine wettbewerbsfähige Drehteile-Industrie mit hohem Automatisierungsgrad sieht auch Stefan W. Schauerte, Geschäftsführer der Firma Wilhelm Schauerte in Lennestadt: „Die Mitarbeitenden werden künftig weniger Routinearbeiten übernehmen, dafür anspruchsvollere Tätigkeiten. Und sie müssen die wichtigen Entscheidungen treffen – das kann keine KI.“

KI in der Fertigung und Produktion

Entscheidungsfindung: Durch das Ausfiltern relevanter Erkenntnissen aus strukturierten und unstrukturierten Datenquellen können KI und Maschine-Learning-Algorithmen Produktionspläne verbessern, Engpässe erkennen und den Betrieb rationalisieren.

Prozessverbesserung: KI überwacht Leistungsindikatoren und erkennt Bereiche zur Optimierung. Fortgeschrittene Analytik und maschinelles Lernen decken in Produktionsunternehmen versteckte Ineffizienzen auf, verbessern Arbeits- und Betriebsabläufe.

Nachfrageprognose: KI sagt die Nachfrage des Marktes präziser vorher. Dafür analysieren sie historische Daten, Markttrends und weitere für den Verkauf relevante Informationen. Mit KI-Prognosen können Unternehmen Produkte zur richtigen Zeit und am richtigen Ort anbieten, Verschwendung in der Fertigung reduzieren und Lagerkapazitäten reduzieren.