Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. Ökonomen rechnen damit, dass sich der konjunkturelle Abschwung fortsetzt und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2024 voraussichtlich stagnieren wird. Auch 2025 ist keine signifikante Besserung in Sicht. Doch was bedeutet dies für IT-Investitionen? Werden diese ebenfalls abnehmen oder wird die Digitalisierung als Effizienzhebel gesehen, in den verstärkt investiert wird?
IT-Budgets sollen 2025 steigen, allerdings weniger stark als in den vergangenen Jahren
Die aktuelle Wirtschaftslage wirkt sich ebenfalls auf die IT-Budgets aus. Je nach Aktualität und Quelle ist von unterschiedlichen Zahlen die Rede. Laut der Lünendonk-Studie 2024 „Der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland“ (Datenerhebung: Frühjahr 2024) geben 79 Prozent der IT-Verantwortlichen an, das IT-Budget 2025 erhöhen zu wollen. 36 Prozent, plant allerdings nur eine Erhöhung um bis zu 5 Prozent. Wird dabei zusätzlich die Inflation berücksichtigt, bleibt das IT-Budget eher auf konstantem Niveau.
Ingesamt 43 Prozent der Unternehmen gehen jedoch von einer Budgeterhöhung von über 5 Prozent aus, sodass das IT-Budget effektiv auch tatsächlich steigt und die digitale Transformation forciert wird.
Investitionsthemen: Cyber Security, Cloud Transformation und Anwendungsmodernisierung stehen im Fokus
Die Investitionen fallen je nach Thema unterschiedlich hoch aus. Mit klarem Abstand soll das Budget für die Cyber Security und Informationssicherheit 2025 am stärksten steigen. Dieser Anstieg hängt zum einen mit der steigenden Bedrohungslage durch Cyber-Angriffe von Hackern zusammen, wie es etwa das BSI berichtet. Zum anderen steigen mit NIS-2, DORA und dem Cyber Resilience Act die regulatorischen Anforderungen an Unternehmen.
Weitere Themen mit hohem Business-Impact wie die Cloud Transformation und die Anwendungsmodernisierung stehen ebenfalls im Fokus. 60 Prozent planen, diese Budgets zu erhöhen. Beide Themen beeinflussen die laufenden IT-Kosten stark und können wirksame Hebel für Kosteinsparungen und Effizienzsteigerungen sein. Legacy-Systeme auf Basis alter Programmiersprachen und unhandlicher IT-Architekturen bringen oft einen hohen Wartungsaufwand sowie hohe Betriebskosten mit sich. Eine Modernisierung dieser Anwendungen kann durch unterschiedliche Ansätze wie Rehosting, Refactoring oder der Ablösung durch SaaS-Lösungen erfolgen und bereits innerhalb weniger Jahre zu einem positiven ROI beitragen.
Neben dem Einsparungspotenzial wird bei Modernisierungsprojekten zudem häufig das Security-Niveau gehoben, die Benutzerfreundlichkeit verbessert und die Innovationsfähigkeit gesteigert. Welche Modernisierungsstrategie dabei die Richtige ist, sollte bei jeder Anwendung individuell entschieden werden.
Dass sich Modernisierungen und Transformationen auszahlen, zeigt zum Beispiel eine Analyse von BearingPoint aus dem Bankensektor: Banken, die überdurchschnittlich stark in ihre IT-Infrastruktur investieren, erzielen deutliche Effizienzvorteile, sind bei ihren Verwaltungskosten flexibler und können kurzfristiger auf veränderte Marktanforderungen reagieren.
Herausforderung Cloud-Kostenmanagement: mit FinOps Cloud-Kosten in den Griff bekommen
Obwohl viele Unternehmen die Cloud-Transformation vorantreiben, herrscht in einigen immer noch eine falsche Vorstellung von den Einsparungspotenzialen, die durch die Nutzung der Cloud erzielt werden können. Viele Unternehmen assoziieren mit der Cloud flexiblere, geringere und besser kalkulierbare Kosten im Vergleich zu On-premises.
Diese Annahme lässt sich jedoch nicht pauschal bestätigen, sodass ein genauerer Blick notwendig ist. Durch das ressourcenabhängige Pay-as-you-go-Prinzip und der Verlagerung von CapEx zu OpEx können IT-Ressourcen zwar flexibel hoch- und runtergefahren werden, Entwicklungs- und Betriebskosten können aber auch in einem ähnlichen oder sogar größeren Umfang ausfallen als in der On-premises-Welt.
Eine der größten Herausforderungen bei der Cloud-Nutzung: Die Preismodelle der Cloud-Anbieter sind unübersichtlich und es werden bisher unbekannte Berechnungsmetriken herangezogen. Während bei SaaS-Lösungen die Kosten meist transparent sind, sieht dies bei PaaS und IaaS oft anders aus, da die Kosten von verschiedenen Faktoren wie Umfang und Art von Storage, Servern, Runtime und Virtualisierung abhängen. Laut einer aktuellen Lünendonk-Studie berichten 44 Prozent der IT-Verantwortlichen von unklaren und intransparenten Verrechnungsmetriken bei der Cloud-Nutzung und 49 Prozent bemängeln in der Folge eine unzureichende Kostenplanbarkeit.
Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Kosten der Cloud zu optimieren. Ein vielversprechender Ansatz, der zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist FinOps. FinOps fördert eine Kultur der Verantwortlichkeit und Transparenz für Cloud-Ausgaben, indem diese regelmäßig überprüft werden. Die Zusammenarbeit zwischen Entwicklerteams, IT Operations und der Finanzabteilung wird gefördert und eine Brücke zwischen Finanzprozessen und Cloud Operations geschlagen. FinOps hilft so, die Balance zwischen Kosteneffizienz und Innovationskraft der Cloud zu finden. Neben der Implementierung entsprechender Tools müssen für die Einführung von FinOps entsprechende Teams gebildet und die Mitarbeitenden zu diesem Thema geschult werden.
GenAI als Produktivitätsbooster
Wenn es um Effizienzsteigerungen durch Technologen geht, darf (generative) KI nicht fehlen. Abhängig vom Anwendungsfall sind unterschiedlich hohe Optimierungspotenziale möglich. Die größten Potenziale werden bei GenAI im Kundenservice, in Marketing und Vertrieb, der Softwareentwicklung sowie Forschung und Entwicklung gesehen. McKinsey geht in einer Studie davon aus, dass durch generative KI Produktivitätssteigerungen von 0,2 bis 0,6 Prozent in Deutschland möglich sind. Laut einer aktuellen Lünendonk-Studie sehen zwei Drittel der IT- und Fachverantwortlichen Automatisierungsmöglichkeiten und Kosteneinsparungen als wichtigste Gründe für den Einsatz von generativer KI.
Ein Beispiel hierfür: Laut einer Studie von Capgemini soll mittels GenAI die Produktivität in der Softwareentwicklung um durchschnittlich 7 bis 18 Prozent steigen – bei speziellen Aufgaben ist sogar eine Zeitersparnis von bis zu 35 Prozent möglich. Gleichzeitig soll die Qualität der Software verbessert werden. Es wird daher erwartet, dass GenAI mehr als 25 Prozent der Arbeit der Softwareentwickler in den kommenden beiden Jahren unterstützt.
Near- und Offshoring als Mittel für Kosteneinsparungen
Eine stärkere Kostenorientierung zeigt sich auch in der Zusammenarbeit der Unternehmen mit IT-Dienstleistern und deren Shoring-Strukturen. Auslagerungsformen wie Outsourcing oder Business Process Outsourcing sind vor allem in Konzernen seit vielen Jahren etabliert, haben sich aber im Zuge des technologischen Wandels weiterentwickelt. Vor allem standardisierbare IT-Dienstleistungen mit geringer Komplexität werden in Offshore-Länder wie Indien ausgelagert. Auch wenn einige Unternehmen diesen Schritt – mal mehr, mal weniger erfolgreich – bereits vollzogen haben, gibt es aktuell wieder eine verstärkte Nachfrage zum Auf- oder Ausbau von so genannten Global Captive Centers (GCC). Dies spiegelt sich auch im Marktwachstum wider: So soll laut Statista der IT-Outsourcing-Markt von 2024 bis 2029 jährlich um fast 14 Prozent wachsen.
„Nicht nur die klassischen Nearshoring-Länder wie Rumänien oder Polen werden genutzt, auch Portugal, Moldawien oder die skandinavischen Länder – insbesondere wenn es um spezialisierte Skills geht – sind gefragt.“
Lünendonk & Hossenfelder Research
In den letzten Jahren hat zudem auch das Nearshoring an Bedeutung gewonnen, da Länder wie Rumänien, Bulgarien, Portugal oder Spanien über einen großen Pool an IT-Fachkräften verfügen. In Kombination mit geringen Sprachbarrieren, ähnlichen Zeitzonen, einem etwas niedrigeren Lohnniveau als in Deutschland und einer ähnlichen Kultur sind dies überzeugende Argumente für Unternehmen, dort eigene Kapazitäten aufzubauen oder diese von IT-Dienstleistern zu beziehen.
Diese Entwicklung wird auch durch die Delivery-Struktur der IT-Dienstleister bestätigt: Während der Nearshoring-Anteil 2023 noch bei durchschnittlich 10,6 Prozent lag, soll er 2024 auf 12,5 Prozent steigen. Beim Offshoring steigen die Anteile von 6,2 auf 7,6 Prozent, wobei die internationalen IT-Dienstleister diese Werte signifikant nach oben ziehen. Typische ausgelagerte Services sind das Application Management, IT Support, IT Operations und Testing. Aber auch komplexere Themen wie die Softwareentwicklung und UI/UX werden verlagert.
Fazit
Digitalisierung und digitale Technologien sind wichtige Hebel, um dem aktuellen Kostendruck zu begegnen und die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Die Herausforderung wird darin bestehen, Maßnahmen zu priorisieren und trotz knapper Budgets Projekte voranzutreiben, die einen schnellen und signifikanten ROI versprechen. Kurz- und langfristige Ziele können in Konflikt miteinander stehen, so dass eine gute Kommunikation mit den verschiedenen Interessengruppen erforderlich ist.