„ Industrie-4.0-Lösungen verzahnen die Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik.“
Martin Hofer, Partner und Geschäftsführer der valantic Supply Chain Excellence
Digital.Now: Martin, was sind die grundlegenden Komponenten und Erfolgsfaktoren für ein Internet der Dinge oder Internet of Things (IoT)?
Martin Hofer: Die vier grundlegenden Komponenten eines IoT-Systems sind erstens Sensoren und Geräte für die Erfassung von Echtzeitdaten aus der Produktionsumgebung. Zweitens geht es um Konnektivität: Die gesammelten Informationen werden z.B. an eine Cloud-Infrastruktur übermittelt. Die Sensoren sind dabei über eine Vielzahl von Kommunikationskanälen mit der Cloud verbunden, wobei mobile oder satellitengestützte Netzwerke, Bluetooth, WI-FI, WAN und andere Netzwerksysteme für die Übertragung der Sensor-Daten sorgen.
Als drittes geht um die Datenverarbeitung: Sobald die Daten gesammelt, gegebenenfalls durch Daten aus Transaktions-Systemen wie ERP oder MES angereichert und übertragen wurden, verarbeitet die Softwarelösung die Informationen. Viertens ist die Benutzerschnittstelle wichtig: Die Daten müssen dem Endnutzer über unterschiedliche Kanäle zugänglich gemacht werden, z. B. durch Alarme auf dem Telefon oder die Übermittlung von Key Performance Indicators (KPIs) per E-Mail oder Textnachricht.
Es handelt sich also um ein hochvernetztes Kommunikationssystem, bei dem viele Komponenten nahtlos ineinandergreifen müssen, um die gewünschten Produktivitäts-, Qualitäts- und Effizienzgewinne zu erzielen.
Digital.Now: Wie wichtig ist das Thema Industrie 4.0 aktuell?
Martin Hofer: Seit über zehn Jahren wird das Thema Industrie 4.0 (beziehungsweise Industrial Internet of Things) von IT-Organisationen, Verbänden und auch der Bundesregierung in den Fokus gerückt. Mittlerweile zeigen Unternehmen aus vielen Branchen Interesse am Thema und beschäftigen sich mit IoT und Industrie 4.0.
Das Internet der Dinge macht ja die Generierung und Verwaltung großer Mengen von Fertigungsdaten über komplette Produktionsstandorte oder ganze Supply Chains hinweg erst so richtig möglich. Das wird die Fertigung verändern und ist ein wichtiger Baustein für Industrie 4.0. Schließlich war ja der Anspruch, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI) seinerzeit formulierte: „Wenn sich Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse intelligent vernetzen, dann sprechen wir von Industrie 4.0.“ Sicher gibt es hierfür schon gute Beispiele, aber es gibt auch noch vieles zu tun, um dieser Vision näher zu kommen. Zudem hat sich das Feld nochmal deutlich erweitert: Heute sprechen wir nicht nur von „smart factory“, sondern von „connected Plant“ oder „connected Supply Chain“.
Digital.Now: Was sind denn die Vorteile einer Industrie 4.0-Produktion?
Martin Hofer: Industrie-4.0-Lösungen verzahnen die Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik. So können Produkte auch viel besser nach individuellen Kundenwünschen hergestellt werden: Statt Massenproduktion gibt es sozusagen die individual-Produktion, bei der ein Kunden etwa einen Schrank oder ein Auto über einen Konfigurator zusammenstellt und dann maßschneidern lässt. Industrie 4.0 macht solche Individualisierungen deutlich einfacher und auch kostengünstiger. Denn Einzelstücke können so zum Preis von Massenware und in höchster Qualität produziert werden. Technische Grundlage für eine solche Produktion sind intelligente, digital vernetzte Software- und Hardware-Systeme und flexibel konfigurierbare Produktionsprozesse. Industrie 4.0 bestimmt dabei den gesamten Lebenszyklus eines Produktes: Von der Idee über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling.
Digital.Now: Was sollten Kund*innen, die noch nicht so weit sind, denn deines Erachtens tun, um von Industrie 4.0 Prozessen zu profitieren?
Martin Hofer: Fertigungsunternehmen müssen den gesamten Industrie 4.0-Prozess bzw. das Produktionsnetzwerk ihrer Produktion unter die Lupe nehmen und miteinander vernetzen. Ich sage dazu immer: „From the mouse to the house“ müssen die Prozesse betrachtet, analysiert, digitalisiert und automatisiert werden. Also vom Klick eines Kunden oder einer Kundin auf den „Kaufen“-Knopf im Online-Shop des Fertigers nach erfolgreicher Konfiguration seines oder ihres Produktes bis hin zur Auslieferung des fertigen Produktes und all der dazwischen liegenden Prozessschritte wie Einkauf, Produktion oder Logistik.Alle Prozesse müssen nahtlos aufeinander abgestimmt sein.
Erfahrene Berater können bei der Implementierung von Industrie 4.0-Prozessen und IoT-Technogien eine wichtige Rolle spielen, weil sie ganzheitliche Lösungsansätze bereits vielfach implementiert haben und Kund*innen helfen, nicht in die gleichen Stolperfallen zu treten wie ihre Konkurrenz.