Unternehmen versprechen sich durch den Einsatz von Generative AI Performance-Zuwächse sowie Automatisierungs- und Effizienzsteigerungen. Routineaufgaben lassen sich leicht standardisieren, Kapazität wird freigesetzt und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt. Laut einer Deloitte-Studie testen bereits 74 Prozent der weltweit befragten Digitalexpertinnen und -experten GenAI in ihrem Unternehmen. Die Bereitschaft, sich noch intensiver mit dem Trendthema auseinanderzusetzen, bestätigt auch die von Lünendonk durchgeführte Studie zum „Markt für Digital Experience Services in Deutschland“. So erachten mit Blick auf 2025 78 Prozent der IT- und Business-Verantwortlichen GenAI als wichtige Technologie. Ein Riesenanstieg, denn 2023, als Unternehmen erste Versuche mit ChatGPT & Co. gestartet hatten, sahen erst 42 Prozent ein großes Potenzial.
Einsatzbereiche von GenAI
Gerade zu GenAI gibt es eine Vielzahl möglicher Use Cases. Laut der erwähnten Studie sehen 74 Prozent der befragten Unternehmen große Potenziale für die Entwicklung von Chatbots in der Kunden- oder Mitarbeiterkommunikation. Bei interne Arbeiten können Chatbots etwa bei der Suche nach Dokumenten unterstützen, Dokumentationen und Auswertungen automatisieren oder in der E-Mail-Kommunikation helfen. Aber auch an Kunden gerichtete Chatbots erlauben es, etwa Prozesse effizienter zu gestalten und Self Services zu fördern. 84 Prozent der Befragten sehen daher große Vorteile in der automatisierten Erledigung standardisierbarer Aufgaben, um sich dann auf wertschöpfendere Aufgaben konzentrieren zu können. 70 Prozent erwarten Produktivitätsvorteile und 67 Prozent Geschwindigkeitsvorteile, Projekte besser umzusetzen.
Auch im E-Commerce und der Ausgestaltung der Customer Journey sieht fast jedes zweite Unternehmen (49 %) Potenziale durch den Einsatz von GenAI Vorteile, etwa in der Kundensegmentierung.
Daten als Differenzierungsfaktor bei KI-Modellen
Ein vielversprechendes Einsatzgebiet liegt unter anderem in der Datenanalyse und -aufbereitung. Auf Basis von Machine-Learning-Algorithmen und anhand von Algorithmen werden gesammelte Datenmengen verarbeitet und anschließend Prognosen durch KI-basierte Systeme erstellt. Dies erfordert aber eine hohe Datenqualität und eine umfangreiche Datenmenge. Daten sind daher ein Differenzierungsfaktor, qualitativ hochwertige Daten Wettbewerbsvorteile. Laut der Lünendonk-Studie „Der Markt für Data & Analytics Services in Deutschland“ forcieren Unternehmen daher den Wandel zum datengetriebenen Unternehmen – wobei es sich nicht nur um technische Themen handelt, sondern auch um Prozessanpassungen, Organisationsveränderungen und die Einführung einer Data Governance.
KI in der Software-Entwicklung
Ebenso bahnt sich durch KI eine Revolution in der Softwareentwicklung an. KI schreibt Code, der von menschlichen Software-Entwicklern nur noch überprüft und gegebenenfalls angepasst werden muss. Geschwindigkeit und Produktivität nehmen deutlich zu. Außerdem kann die KI Reviews vornehmen und Fehler ausbessern. Auch IT-Consulting-Häuser und Softwareentwickler bestätigen diese Einschätzung: 88 Prozent sehen in der Programmierung und in der Datenanalyse vielversprechende Einsatzpotenziale.
Herausforderungen: Datenschutz, Datensicherheit und der Faktor Mensch
Dennoch äußern viele Unternehmen beim Einsatz von GenAI noch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, der Datensicherheit oder etwa der Wahrung von Urheberrechten. Laut Bitkom Research geben 68 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie wegen drohender Regelverstöße bisher beim Einsatz von KI eher zurückhaltend agieren. Vor diesem Hintergrund sind Gesetze und Guidelines eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige KI-Entwicklung.
Ein weiteres Caveat: Die Qualität der von GenAI erzeugten Ergebnisse ist in einigen Fällen noch mit Vorsicht zu genießen – auch wegen unzureichender Datenqualität. So kommt es vor, dass Verzerrungen oder Voreingenommenheit die Aussagekraft von Ergebnissen beeinflussen. Außerdem generiert die KI ihre Ergebnisse auf Grundlage komplexer Wahrscheinlichkeitsberechnungen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Unbedingt erforderlich ein zielführender Input in Form korrekter Prompts (Anweisungen). Die Ergebnisse variieren teils erheblich voneinander.
Der EU AI Act kommt
Dezember 2023: Mit dem EU AI Act hat das Europarlament mit EU-Staaten eine Einigung über Grundsätze für das weltweit erste KI-Gesetz erzielt. Bereits im April 2021 wurde dieser Vorschlag seitens der EU-Kommission angesprochen mit dem Ziel, die Bevölkerung vor potenziellen Risiken der neuen Technologie zu schützen. Für Unternehmen bedeutet die Regulatorik, dass KI-Entwicklungen nicht ausgebremst werden. Vielmehr sollen Innovationen in einem rechtssicheren Rahmen stattfinden. So sollen KI-Anwendungen künftig in Risikoklassen eingeordnet werden. Je nach Risikoklasse müssen KI-Betreiber unterschiedliche Auflagen einhalten.
Darüber hinaus gelten Transparenzregeln für KI-Konzerne. Sie müssen Trainingsdaten offenlegen und Urhebern das Recht einräumen, der Nutzung ihrer Texte, Fotos und Videos zu Testzwecken zu widersprechen. Außerdem gelten strenge Auflagen hinsichtlich Risikomanagement und Cybersicherheit, die je nach Rechenleistung auferlegt werden.
Fachleute äußern jedoch bereits Kritik bezüglich der Aussagekraft, da nicht nur die Rechenleistung, sondern vor allem die Anzahl der Nutzenden ausschlaggebend sei. Einzige Ausnahme bilden KI-Modelle, die unter einer Open-Source-Lizenz laufen, wodurch insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen massiv regulatorisch entlastet werden sollen.
Für den Versicherungs- und Bankensektor, deren IT zu den Hochrisikosystemen zählt, legt der EU AI Act zusätzliche Verpflichtungen fest. Vollständig verboten sind biometrische Kategorisierungssysteme, da sie auf sensible Daten zugreifen. Die Hoheit über die KI-Regulierung liegt bei der europäischen KI-Behörde und dem „AI Advisory Board“, die beide aus unterschiedlichen Interessengruppen bestehen. Das Strafmaß für Verstöße gegen die KI-Verordnung liegt bei bis zu 35 Millionen Euro oder bis zu 7 Prozent des weltweiten Umsatzes. Verstöße gegen den EU AI Act werden damit stärker geahndet als gegen die DSGVO.
Es ist noch nicht absehbar ist, wann genau die EU-Verordnung in Kraft treten wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat jedoch bereits Anfang November einen KI-Aktionsplan verabschiedet. Dieser Plan beinhaltet unter anderem geplante Investitionen von insgesamt 1,6 Milliarden Euro bis 2025.