Bei seiner Personaleinsatzplanung setzt der Fashion-Retailer Modepark Röther im baden-württembergischen Michelfeld auf KI-Unterstützung. Immerhin geht es darum, die Arbeitszeiten von 2.500 Mitarbeitenden in 51 Filialen im Blick zu behalten. Dabei hilft eine Workforce-Management-Plattform. Deren KI-Module verbessern und automatisieren die Dienstplanung anhand historischer Daten.
Ziel der KI-gestützten Personaleinsatzplanung ist, Zeitaufwände zu reduzieren und gleichzeitig die Zufriedenheit der Angestellten zu erhöhen. „Wir haben entschieden, uns im Bereich Workforce Management neu aufzustellen. Zusätzlich unterstützen wir das Engagement unserer Mitarbeitenden, indem wir sie mehr einbinden“, sagt Fabian Messner, Geschäftsführer von Modepark Röther. Die KI-Module zur Personalbedarfsplanung und Dienstplanoptimierung automatisieren manuelle Prozesse. Sie entlasten damit die HR-Mitarbeitenden von Routineaufgaben und sorgen für Zeitersparnisse im administrativem Aufwand.
Weitreichenden Verbesserungen in wiederkehrenden Abläufen durch den Einsatz von KI-Tools kann auch das Telekommunikationsunternehmen Freenet AG, Büdelsdorf in Schleswig-Holstein vorweisen. Die Personaler loben die deutliche beschleunigte Diensteinteilung der rund 1.000 Mitarbeitenden in bundesweit 300 Standorten.
HR-Arbeit – ohne KI ein aufwändiger Prozess
Die Ausgangslage: Ohne KI-Unterstützung war die Personaleinteilung ein recht aufwendiger Vorgang. „Früher haben die Planenden manchmal sechzehn Stunden im Monat für die Dienstplanerstellung gebraucht, teilweise sogar für nur drei Mitarbeitende“, sagt Stefanie Schorschinski, Teamleiterin Personal bei freenet.
Das zuvor verwendete System bot keine Auswertungen und die zuständigen Führungskräfte wussten nicht, wer wann welche Anpassungen vorgenommen hatte. Medienbrüche sorgten für Irritationen. Manche Informationen lagen nur auf Papier vor. Wenn Mitarbeitende eine Schicht ändern oder ihre Wünsche äußern wollten, wurde dies entweder über ein anderes System eingetragen, per Telefon oder WhatsApp abgesprochen. „Dass so schnell Chaos entsteht und Absprachen untergehen, ist nicht verwunderlich“, erinnert sich Stefanie Schorschinski.
Abhilfe schaffte ein KI-unterstütztes System, auf das die Mitarbeitenden per App zugreifen können. Mittlerweile dauert die Dienstplanung mit KI-Hilfe maximal eine Stunde pro Monat, eine beachtliche Zeitersparnis im Vergleich zu den 16 Stunden zuvor. Die Planenden nutzen Vorlagen, prüfen lediglich ein paar Meldungen im System und können den Plan anschließend für mehrere Wochen oder sogar Monate festlegen. Die durch die bessere Dienstplanung gewonnene Zeit nutzen die Führungskräfte beispielsweise für Schulungen, Shopbesuche und die persönliche Weiterentwicklung.
Der Wunsch nach Entlastung bei Routineaufgaben im Personalwesen steht bei den Unternehmen mit fast zwei Drittel der Nennungen an erster Stelle, wie das IW Personalpanel des Instituts der Deutschen Wirtschaft zeigt. Die Unternehmen erwarten, dass die KI die Personaler bei routinemäßigen und zugleich zeitaufwändigen Aufgaben entlastet. Das betrifft etwa die Lohnzahlung, die Urlaubsplanung bis hin zum Aufstellen der Schichtpläne.
Das „Formulieren von Stellenanzeigen“ zum Recruiting neuer Mitarbeitern nimmt mit 48 Prozent den zweiten Platz ein. Tatsächlich nutzen Personalabteilungen KI bei der Personalgewinnung besonders häufig. Das zeigt auch die „COP AI Survey – Human Resources“ der Personalberatung Heidrick & Struggles. Demnach liegt der Schwerpunkt des KI-Einsatzes im HR-Bereich klar im Recruiting. Personalabteilungen verwenden KI-Technologie am häufigsten, um Jobbeschreibungen zu formulieren, wie die Hälfte der Befragten meldet. Ein Drittel der Unternehmen setzt KI-Anwendungen zum Screening von Lebensläufen ein.
KI – besonders geeignet im Recruiting
Offensichtlich ist nach Überzeugung der Personalexperten der Einsatz von KI-Anwendungen bei der Personalsuche besonders geeignet, um eine erhöhte Effizienz bei der Online-Suche in der datenintensiven Direktansprache zu erzielen. Denn KI-Anwendungen analysieren schnell eine große Anzahl von Bewerberprofilen etwa auf Social-Media-Jobplattformen. „Diese umfangreichen Datenbanken mit regelmäßig aktualisierten berufsbezogenen Profilen ermöglichen die direkte Suche nach Talenten und können die Kosten für die Personalsuche senken“, resümiert die KISS-Studie „KI Sourcing Success“ des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy, Zeppelin Universität, Friedrichshafen.
Weniger Routine, mehr Erfolg
Auch die Studie von Heidrick & Struggles zeigt, dass KI-Anwendungen die Produktivität im Personalvereich steigern können. Das geben drei Viertel der HR-Verantwortlichen an. Zwei Drittel wollen mit KI Innovationen beschleunigen. Kosteneinsparungen durch KI folgt erst an dritter Stelle, wie ein Drittel (35 Prozent) der Personalexperten meldet. Mehr als der Hälfte der befragten Personaler geht es allerdings mit KI-Anwendung zu langsam voran.
„Künstliche Intelligenz dringt in die Herzkammern der HR vor. Die Zeit des Experimentierens geht zu Ende, die Anstrengungen drehen sich nun um Produktivität, Innovation und Kosten“, stellt Dr. Nicolas von Rosty, Deutschlandchef von Heidrick & Struggles fest.
Künftige Anwendungsfelder von KI werden nach Ansicht der von Heidrick & Struggles befragten HR-Professionals in folgenden Bereichen liegen: Workforce-Planning (63 Prozent), Automatisierung von Personalinformationssystemen (57 Prozent), Gehaltsabrechnungen (56 Prozent) und Aggregieren von Mitarbeiterfeedback (55 Prozent).
„Artificial Intelligence ist weltweit in den HR-Abteilungen der Unternehmen angekommen und wird für die kommenden Jahre ein prägendes Aufgabenfeld für HR-Professionals bleiben“, resümiert Dr. Nicolas von Rosty.
Wie KI die Personalarbeit voranbringt
Wahrnehmen Aus mehreren Quellen, etwa dem LinkedIn- oder Xing-Profil eines möglichen Kandidaten oder einer Kandidatin, stellt die KI-Anwendung ein einziges Profil pro Talent zusammen und schlägt eine Kontaktaufnahme mit hoher Antwort-Wahrscheinlichkeit vor (zum Beispiel eine private Nachricht über Xing).
Benachrichtigen Eine Suchfunktion informiert Personalverantwortliche auf Grundlage der Stellenbezeichnung, der Kompetenzen, Fähigkeiten und Profile, wonach die Social-Media-Stellenplattformen durchsucht werden. Auf diese Weise findet KI Personen mit den gesuchten Fähigkeiten oder vergleichbaren Aufgaben finden.
Empfehlen Das KI-Tool empfiehlt Fähigkeiten oder Aufgaben, die für die offene Stelle wahrscheinlich relevant sind. Basierend auf Daten, die von Personalexperten eingegeben wurden.
Vorhersagen Aus drei Kennzahlen mit einer Skala von 0 – 100 Prozent errechnet die KI-Anwendung eine Einschätzung der Eignung für die zu besetzende Stelle, der Umzugsbereitschaft, Wechselwilligkeit. Für die Bewertung zieht die KI die gesammelten Profildaten über Kompetenzen, Fähigkeiten und weitere Kriterien aus den ausgewerteten Plattformen heran.
(Quelle: KISS-Studie, Lehrstuhl für Public Management & Public Policy, Zeppelin Universität, Friedrichshafen)
SWOT-Analyse: KI-Einsatz in der Personal-Entwicklung
Stärken
– Geschwindigkeit durch digitale und direkte Interaktion auf Arbeitsmarkt
– Kompensation einer geringeren Sichtbarkeit der Arbeitgebermarke
– Wertschätzung der Talente durch direkte und persönliche Ansprache
Schwächen
– Aktuell begrenzte Angebotsauswahl von KI-Anwendungen für die Direktansprache
– Mögliche Verzerrungen durch die Nutzung von KI-Anwendungen und damit einhergehende Diskriminierung
– Finanzieller und personeller Mehraufwand für die Direktansprache
Chancen
– Effizienzvorteile durch Direktansprache mittels KI-Anwendungen
– Leistungs- und Wertschöpfungsbeitrag durch gezielte Personalgewinnung von Talenten als Wettbewerbsvorteil
– Professionalisierung der Personalgewinnung durch verbesserte Datenbasis
Risiken
– Abhängigkeit von wenigen Social Media Job-Plattformen
– Algorithmus-Aversion gegenüber der Offenlegung des KI-Einsatzes bei der Direktansprache
– Ethische Risiken bei der Nutzung von KI-Anwendungen in der Personalgewinnung
(Quelle: KISS-Studie, Lehrstuhl für Public Management & Public Policy, Zeppelin Universität,
Friedrichshafen)