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Digitalstrategie: Verwaltung mit Defiziten, muss Tempo erhöhen

Bei der Verwaltungsdigitalisierung werden auch kleine Erfolge gefeiert: Aber erst ein Viertel der Maßnahmen ist umgesetzt.

20. Juni 2024

4 Min. Lesezeit

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Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland heißt viel zu oft: Formular herunterladen, ausdrucken und ins Amt bringen, bestenfalls faxen. Das Onlinezugangsgesetz sollte diese Situation bis 2022 ändern, doch es hat nicht viel gebracht. Deshalb gilt: Der Staat muss dringend das Tempo erhöhen.

Mittlerweile gibt es sogar erste Ergebnisse. Der Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Digitalstrategie zieht ein positives Zwischenfazit: Die Digitalisierung der Verwaltung schreite voran, zentrale Dienste seien online verfügbar und die Bund-ID ermögliche digitale Behördengänge. Bis Mai 2024 waren 23 Prozent der projektierten Vorhaben umgesetzt, 73 Prozent befinden sich in Umsetzung und nur 4 Prozent wurden noch nicht begonnen.

Letzte Funklöcher schließen

„Unser Land ist in den letzten zwei Jahren spürbar digitaler geworden“, lobt Bundesdigitalminister Volker Wissing. Deutschland habe eine der höchsten 5G-Abdeckungen in Europa und können bald die letzten Funklöcher schließen. Auch würden Millionen Bürgerinnen und Bürger mittlerweile wie selbstverständlich das E-Rezept nutzen und vom digitalen Deutschlandticket profitieren.

Eingeschränktes Lob kommt dagegen vom Digitalverband Bitkom. Sein Chef Dr. Ralf Wintergerst betont: „Die Bundesregierung macht inzwischen mehr Tempo und kommt bei der Umsetzung der Digitalstrategie voran.“ Das zeige auch der Monitor Digitalpolitik des Bitkom, der den Umsetzungsstand von 146 Vorhaben aus der Digitalstrategie bewertet.

Schwachstellen in der Verwaltungsdigitalisierung

Doch Wintergerst kritisiert einige weiterhin bestehende Schwachstellen: „Bei zentralen und komplexen Themen wie digitalen Identitäten, der Digitalisierung der Verwaltung oder auch dem Digitalbudget ist aber deutlich mehr Nachdruck nötig. Es braucht einen entschiedenen und ressortübergreifenden Kraftakt, damit die Bundesregierung ihre digitalpolitischen Ziele noch in dieser Legislaturperiode erreicht.“

Eine klare Kritik des Bitkom und der Interessenvertretung der Internetwirtschaft eco gibt es an der lange verzögerten Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Es wird in seiner neuen Version kurz als OZG 2.0 bezeichnet. Die Verbände befürchten, dass nicht alle Ebenen des Staates an einem Strang ziehen, denn der Großteil der Verwaltung arbeitet auf kommunaler und Länderebene.

Immerhin: Das OZG ist jetzt endlich durch das viel zu langwierige Gesetzgebungsverfahren gelaufen und hat den Vermittlungsausschuss verlassen. Die Änderungen sind eher kosmetisch: Die „Bund-ID“ soll zur „Deutschland-ID“ werden und als zentrales Bürgerkonto für die Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung fungieren.

Zudem sollen neben dem elektronischen Personalausweis (ePerso) das etablierte Elster-Softwarezertifikat sowie andere Identifizierungsmittel mit vergleichbarem Sicherheitsniveau weiterhin für die Authentifizierung verwendet werden. Positiv ist der neue Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen. Er macht dem Staat Druck, denn er kann vor den Verwaltungsgerichten eingeklagt werden.

Sichtbare Erfolge, aber es gibt noch viel zu tun

Sichtbare Erfolge des neuen Digitalisierungstempos gibt es bereits. So sind die Katasterdaten der Länder online und kostenlos verfügbar. Die gesamte Bauleitplanung inklusive der Bebauungspläne ist damit nun vollständig digitalisiert. Zudem profitiert das Bauwesen vom Building Information Modeling (BIM). Das BIM-Portal des Bundes ist eine Plattform, die klare und präzise Anforderungsdefinitionen für das digitale Bauen bereitstellt.

Im Gesundheitswesen wurde das E-Rezept verpflichtend eingeführt und bereits 185 Millionen Mal genutzt. Die elektronische Patientenakte soll ab Januar 2025 für alle Versicherten bereitstehen – nach jahrelanger Verzögerung. Der Bundes-Klinik-Atlas hilft bei der Suche nach einem Krankenhaus. Der Bund beteiligt sich außerdem an einer EU-Initiative für einen Europäischen Gesundheitsdatenraum. Er soll KI-Trainingsdaten aus dem Gesundheitswesen sicher und datenschutzkonform bereitstellen.

Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wird zum zentralen Netzwerk der deutschen Wissenschaft für die systematische Erschließung, Vernetzung und nachhaltige Nutzung von wertvollen Datenbeständen. Die Bildung wird durch den MINT-Aktionsplan 2.0 gefördert, der den Zugang zu Bildung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik verbessert.

Insgesamt ist das ein bunter Katalog mit vielen positiv klingenden Einzelmaßnahmen. Doch ob sie auch erfolgreich sind, hängt von der Umsetzungsgeschwindigkeit ab. „Um die gesetzten Ziele bis 2028 zu erreichen, braucht es Tempo,“ kommentiert eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme. „Es ist nun an der Politik in Bund und Ländern zu zeigen, dass sie es ernst meinen.“