In zahlreichen Fertigungsunternehmen helfen kleine Roboter direkt am Arbeitsplatz ihren menschlichen Kollegen bei der Arbeit – etwa beim Löten oder Bestücken von Elektronikplatinen. Obendrein kann der Mitarbeiter seinem CoBot jederzeit durch einfache Programmierbefehle neue Aufgaben übertragen. Noch besser soll das Zusammenspiel durch die KI funktionieren. „KI-gestützte mobile Roboter können Segmente wie die Fertigung, Logistik und Labors transformieren“, sagt Marc Segura, Leiter der Robotics-Division für robotergestützte KI-Lösungen der ABB in Friedberg(Hessen).
Cobots sind kollaborierende Roboter, die in einer Produktion Aufgaben übernehmen, die bisher von Menschen ausgeführt wurde. Im Gegensatz zu klassischen Industrierobotern dürfen Cobots direkt mit Menschen zusammenarbeiten – denn sie sollen Fachkräfte nicht ersetzen, sondern unterstützen.
CoBots durch KI noch besser
Die kollaborative Robotik (Cobot) erlebt eine kräftige Nachfrage. Der Weltmarkt für diese Systeme soll bis 2028 auf 16 Milliarden Dollar ansteigen, wie eine Prognose von Fortune Business Insights zeigt. Dieser Aufschwung zeigt sich auch im Umsatz für CoBots. Erwartet wird ein Zuwachs von 1.3 Milliarden US-Dollar (2021) auf 16.3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2028. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 42,7 Prozent.
Durch KI erreichen CoBots deutlich mehr Geschwindigkeit, Genauigkeit und Traglast. Dass macht sie für Aufgaben in Fabriken, Lagerhäusern, Logistikzentren und Labors besonders geeignet. Zudem verbessert KI ihre Fähigkeit zum Greifen, Aufnehmen und Absetzen von Objekten. Außerdem können die CoBots dynamische Umgebungen abbilden und räumlich navigieren.
Die kompakteste Version der CoBots bewegt bei einem Eigengewicht von acht Kilogramm eine Traglast von zwei Kilogramm. Zehnmal mehr stemmt der größte unter den kleinen Robotern. Doch der entscheidende Unterschied zu herkömmlichen Industrierobotern zeigt sich nicht allein bei den bescheidenen Gewichten und kompakten Abmessungen. CoBots kommen ohne einen eigenen, abgetrennten Arbeitsbereich mit Schutzzaun oder eigene Fertigungsstraßen aus. Ein Vorteil, denn die Arbeitssicherheitsvorschrift schreibt vor, dass der Arbeitsbereich eines mehr als 500 Kilogramm schweren Industrieroboters durch Bau- und Schutzmaßnahmen gegenüber den Mitarbeitern abgegrenzt sei.
Zudem sind sie einfach einzurichten, zu programmieren und sie lassen sich schnell in den Betriebsablauf einpassen. Außerdem bewegen sich die Kosten für einen CoBot – je nach Gewichtsklasse – zwischen rund 5.000 bis 20.000 Euro. Deutlich geringer als die Ausgaben für konventionelle Industrieroboter, die ab 35.000 Euro aufwärts starten.
Kollege Roboter packt an
Was aber die Cobots besonders auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, in Arbeitsabläufen mit Menschen zu interagieren. Der Unterschied: Industrieroboter sind darauf ausgelegt, Arbeitsschritte, die von Menschen getätigt werden, vollständig zu übernehmen. Dagegen übernehmen die nur wenige Kilogramm leichten CoBots ergänzende Aufgaben. Sie sind darauf ausgelegt, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Kollisionen verhindert eine Sensorik, die bei der kleinsten Berührung das System und dessen Bewegungen sofort abschaltet. „KI-basierte Fähigkeiten wie eine bessere Erkennung und Entscheidungsfindung sowie Fortschritte auf dem Gebiet der kollaborativen Robotik ermöglichen einen sicheren Einsatz von Robotern an der Seite von Menschen“, erklärt Marc Segura von ABB.
In der Baubranche etwa können Cobots Kernaufgaben wie das Mauern, das Montieren von Modulen und das Fertigen im 3D-Druck präziser und schneller erledigen. Gleichzeitig tragen sie durch Senkung der Emissionen zur Nachhaltigkeit bei, indem sie zum Beispiel das Mischen von Beton vor Ort ermöglichen und durch Montage vor Ort den energieintensiven Materialtransport über große Entfernungen reduzieren.
Einsatzgebiete von CoBots
Aber auch in Kunststoffverarbeitung, Werkzeugbau und Spritzguss zeigen die Cobots ihre Stärken. Die VEMA GmbH aus Krauchenwies-Göggingen setzt auf vier kollaborierende Roboter. Das Unternehmen, ein Zulieferer der Automobil- und Sanitärbranche, ist in so unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen wie dem Formenbau, der Spritzteilfertigung oder der Just-in-time-Lieferung tätig. Das Ziel bestand darin, eine Robotik-Applikation aufzusetzen, die ohne Schutzumhausung einsetzbar ist und sich flexibel von Maschine zu Maschine bewegt. Die Lösung sollte einfach einzurichten und zu programmieren sein.
Die Wahl fiel auf vier Cobots des Herstellers Universal Robots. Diese Geräte kann das Anwenderunternehmen selbst implementieren und programmieren. Die Helfer sind mit Greiferwechseleinheiten sowie Greifern für unterschiedliche Aufgaben ausgestattet. Während ein Gerät eine lichttechnische Messanlage beschickt, übernehmen zwei weitere Systeme Pick-and-Place-Aufgaben. Der vierte Cobot übernimmt Aufgaben in der Verpackung.
Außerdem arbeiten die Helfer unermüdlich. Die Roboter sind an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr im Einsatz. Die Folge: „Die Produktivität hat sich um bis zu 30 Prozent erhöht“, erklärt Christian Veser, Geschäftsführer der VEMA GmbH.
KI löst Fachkräftemangel
Eine sinnvollen Unterstützung liefern CoBots beim Thema Fachkräftemangel. Nach wie vor ist es für Unternehmen schwierig, qualifizierte Arbeitskräfte zu rekrutieren, die ausreichende Qualifikationen für das Programmieren und Bedienen von Robotern besitzen. Doch diese Barriere für die robotergestützte Automatisierung wird weichen. „KI-gestützte Entwicklungen im Bereich Natural Language Programming, die die Steuerung von Robotern mithilfe von sprachlichen Anweisungen erlauben, werden für eine neue Dynamik in der Mensch-Roboter-Interaktion sorgen“, erwartet der ABB-Experte für Robotik und KI Marc Segura.
Wie KI die Robotik voranbringt
Der weltweite Bestand an Industrie-Robotern hat mit rund 3,9 Millionen Einheiten seinen bisherigen Höchststand erreicht. Die Nachfrage wird von technologischen Innovationen getrieben. Diese Trends bewegen die Robotik und Automatisierung:
Künstliche Intelligenz und Machine Learning: Roboterhersteller entwickeln generative KI-gesteuerte Schnittstellen, um Roboter intuitiver mithilfe von Sprachbefehlen zu programmieren.
Mensch-Roboter-Kollaboration: CoBots verbessern sich ständig durch Fortschritte in der Entwicklung von Sensoren, Bildverarbeitungstechnologien und intelligenten Greifern. Kollaborative Roboteranwendungen unterstützen menschliche Arbeitskräfte bei Aufgaben wie Heben, repetitive Bewegungen oder Arbeiten in gefährlichen Umgebungen.
Mobile Manipulatoren automatisieren in der Fertigung die Handhabung von Material. Gefragt sind sie in der Automobilindustrie, der Logistik oder der Luft- und Raumfahrt. Sie verbinden die Mobilität von Roboterplattformen mit der Geschicklichkeit von Manipulatorarmen. Deshalb können sich diese Systeme in komplexen Umgebungen bewegen und Objekte bearbeiten. Mobile Manipulatoren arbeiten räumlich eng mit menschlichen Arbeitskräften zusammen.
Digitale Zwillinge: Sie sollen die Leistung physischer Systeme durch deren virtuelle Abbilder verbessern. Sobald Roboter in Fabriken digital integriert sind, können digitale Zwillinge die erfassten realen Betriebsdaten nutzen, um Simulationen durchzuführen und Ergebnisse vorhersagen. Beispiel: Der Zwilling als reines Computermodell lässt sich unter Stressbedingungen testen und verändern, ohne dass dabei Verschleiß oder ein Sicherheitsrisiko entsteht. Im Vergleich zu Tests mit physischen Systemen sparen solche virtuellen Simulationen erhebliche Kosten.
(Quelle: International Federation of Robotics, eigene Recherchen)