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Industrie 4.0 & IoT

Das Metaverse – was leistet die Technologie wirklich?

Das Metaverse wird bereits als die kommende Revolution in der Industrie gefeiert. Tatsächlich ergeben sich hier viele interessante Einsatzmöglichkeiten.

8. August 2022

Jörg Wassink

5 Min. Lesezeit

Person fotografiert ein Kaleidoskop mit lila-blauem Licht

Das Metaverse – eine digitale Welt, in der unsere bekannte Realität mit virtuellen und erweiterten, Englisch „augmented“, Realitäten kombiniert wird, um eine gänzlich neue Erfahrung zu schaffen. Was bis vor ein paar Jahren noch wie Science-Fiction klang und allenfalls Tech-Nerds begeistern konnte, hat sich mittlerweile zu einem Milliardenmarkt entwickelt. Bisheriger Höhepunkt dieser Entwicklung ist sicherlich die Benennung des neuen Facebook Mutterkonzerns in Meta, ein klarer Verweis darauf, wo Mark Zuckerberg die Zukunft seines Unternehmens sieht. Und auch ein weiterer Branchengigant blickt mit Begeisterung auf das Metaverse. Die Deutschland-Chefin von Microsoft Marianne Janik erwartet von diesem nichts anderes als eine neue Revolution in der Industrie.  

Das industrielle Metaversum  

Janik spracht auf der Hannover Messe davon, dass das Metaverse zukünftig vor allem in der Industrie eine ausschlaggebende Rolle spielen wird. Sie sieht bereits heute erste Entwicklungen davon in der Realität vieler Industriebetriebe angekommen, etwa durch virtuelle dargestellte und erprobte Produktentwicklungs- und Fertigungsverfahren. Im industrialisierten Metaversum könnten bald vor allem Prozesse durchführbar sein, die jetzt nur physisch und dementsprechend aufwendig und teuer möglich sind, etwa die Erprobung und der Ersatz von Bauteilen in der Produktion. Treiber dieser Entwicklung seien vor allem die diversen Krisen der letzten Jahre, der Klimawandel, Corona, der Ukraine-Krieg, wodurch viele Unternehmen zu nachhaltigerem wirtschaften gezwungen seien. Und eben das ermögliche das Metaverse.  

Die Möglichkeiten der Industrie im Metaverse 

Tatsächlich sind die Möglichkeiten, die das Metaverse der Industrie zu bieten hat, vielfältig und längst nicht mehr nur Zukunftsmusik. Einige Anwendungen daraus sind schon heute im Einsatz oder zumindest realistisch genug, um Teil der strategischen Planung von Unternehmen der Industrie zu sein. Tatsächlich setzen sich einige namhafte Unternehmen mit dem Metaverse auseinander und haben erste Pilotprojekte in Planung oder diese bereits im Einsatz.  

Produktionsmanagement

Wie bereits erwähnt, ermöglichen virtuell abgebildete Produktionsprozesse die bessere Organisation der Abläufe, von der Bestellung von Ersatzteilen bis hin zur Abstimmung mit weiteren, an der Produktion beteiligten Akteuren wie Zulieferern. So arbeitet etwa BMW mit NVIDIA zusammen, um virtuelle Simulationen seiner Produktionsabläufe durchzuführen und so den Einsatz und die Beschaffung von Teilen und das Management der Prozesse für die individualisierte Fahrzeugproduktion zu optimieren.  

Fernwartung von Smart Devices 

Maschinen lassen sich auch durch die Möglichkeiten von VR und AR aus der Ferne durch Techniker warten, die etwa in Echtzeit weitere Informationen zu den betroffenen Bereichen erhalten oder sich einfach mit Experten im Metaverse zusammenschließen können, um gemeinsam ein Problem zu beheben. Mitarbeitende haben so die Möglichkeit, Produktionsstätten virtuell zu erleben und auch direkt in Abläufe und Maschinen „hineinzublicken“, wie es etwa die BASF mit ihrem Corporate Metaverse Konzept im Einsatz hat und beim Bitkom Roudtable zum Metaverse erklärt. Deren Metaverse Team umfasst dabei bereits acht Mitarbeitende.  

Schnellere Umsetzung beim digitalen Zwilling  

Um die Fernwartung effizient mittels des Metaverse durchführen zu können, ist die Einführung einer digitalen Abbildung aller Prozesse, eines digitalen Zwillings, unerlässlich. Auch hierbei sorgt das Metaverse für eine schnellere Umsetzung dieses Ziels. Die Deutsche Bahn setzt auf diese Technik, um so ihre Züge virtuell zu analysieren, den Wartungsbedarf automatisiert zu ermitteln, diese Informationen für die Mitarbeitenden vor Ort sichtbar zu machen und schnell zur Verfügung zu stellen.  

Schulungen und Einführungen in Produktionsverfahren mit AR und VR 

Nicht nur die Wartung von, auch die Ausbildung an Maschinen kann mit Hilfe des Metaverse, genauer VR und AR Anwendungen erfolgen. Dadurch ergibt sich größtmögliche Praxisnähe bei der Ausbildung bei gleichzeitig maximal minimiertem Risiko für den weiterhin reibungslosen Ablauf von Produktionsprozessen. So bietet etwa HP Mitarbeitenden und Kunden die Möglichkeit, in einem XR-Competence Center genannten VR-Schulungsraum Produkte und Lösungen intuitiv kennenzulernen und zu erfahren.  

Das Metaverse – alles nur ein großer Hype?  

Die Pläne und Vorhersagen derer, die sich, vor allem finanziell, stark im Metaverse engagieren klingen fast zu schön, um wahr zu sein. Tatsächlich fehlt all den Prognosen von Microsoft und Meta noch die Substanz, in Form von harten Zahlen, die den Hype rund um die erweiterte digitale Realität auch wirtschaftlich begründen. Unlängst waren selbst die Aktionäre von Metaverse-Vorreiter Mark Zuckerberg nicht zu 100 Prozent von dessen Visionen überzeugt, wenngleich er aufgrund seiner eigenen Mehrheit im Konzern deren Versuch der ökonomischen Überprüfung seiner Ideen abwehren konnte. Immerhin belaufen sich die für die nächsten zehn Jahre geplanten Investitionen des Facebook-Gründers in das Metaverse und den anhängigen Technologie-Bereichen auf über 100 Milliarden Dollar.  

Das Metaverse ist für Meta eine potenziell existenzgefährdende Wette auf die Zukunft, aber auch eine große Chance. Die derzeit größte Hürde für eine umfassendere Nutzung von Anwendungen aus dem Metaverse für die Industrie stellt dabei vor allem eines dar: die schlechte Versorgung mit 5G-Netzen und 5G-fähigen Devices wie Sensoren, Maschinen und Steuerungssystemen. Solange die Umstellung auf den neuen Netzwerkstandard nicht erfolgt ist, ist auch ein voll industrialisiertes Metaverse, und damit die erhoffte neuerliche Revolution in der Industrie, noch in weiter Ferne.  

Verfasst von

Bild von Jörg Wassink, Director Marketing & Communications bei valantic

Jörg Wassink

Director Marketing & Communications bei valantic