SAPs Ambitionen im CX-Geschäft wurden spätestens mit der Ankündigung der internen Einheit „SAP CX Group“ unterstrichen. Die vom ehemaligen Salesforce- und Microsoft-Manager Bob Stutz geleitete Einheit bündelt seitdem alle Produkte und Aktivitäten im Zusammenhang mit kundenorientierten Lösungen und treibt die Entwicklung des CX-Portfolios zu einer integrierten, plattformbasierenden Lösung voran. Diese Ankündigung liegt schon einige Jahre zurück (2018), und die damalige Aufbruchsstimmung in der CX Group wurde zwischenzeitlich ein wenig durch SAPs irrlichternde Entscheidungen auf Top-Management-Ebene getrübt; beispielhaft seien hier etwa die sich häufig ändernden Produktbezeichnungen (von Hybris zu C/4HANA zu SAP Cloud for Commerce etc.) sowie der unentschlossene Umgang mit der Qualtrics-Akquisition genannt. Geblieben ist jedoch ein Management-Bekenntnis zu CX, ein mit Bob Stutz und Esteban Kolsky profiliertes CX-Management-Team, sowie einige vielversprechende Akquisitionen und zentrale Portfolio-Bausteine:
- Die SAP Customer Data Platform (CDP): Sie fungiert als zentrale Drehscheibe für CX-Daten und basiert unter anderem auf der ID-Management-Plattform Gigya, die SAP im Jahr 2017 übernommen hat. Datenschutz und DSGVO-Compliance, zwei Themen, die besonders in Europa sehr wichtig sind, werden mit diesem Tool vollständig abgedeckt. Außerdem kann die Kundendatenplattform in Kombination mit dem restlichen SAP-Anwendungs-Stack (z.B. ERP und E-Commerce) ein höheres Maß an Personalisierung in der Kundenansprache bieten.
- Omnichannel Marketing: Hier dient die Akquisition von Emarsys als Grundlage für die datengetriebene Optimierung von kanalübergreifenden Marketing-Kampagnen. SAP hat die übernommenen Lösungen in das Produkt „SAP Emarsys Customer Engagement“ überführt. Die Cloud-Lösung zielt auf Transparenz und Ergebniskontrolle der Marketing-Maßnahmen. Laut SAP kommt das Tool bereits bei 1.500 Kunden weltweit zum Einsatz.
- SAPs CX-Portfolio deckt den kompletten Kundenzyklus (Sales, Commerce, Marketing, Service) ab, von der initialen Kundenkommunikation über die erste konkrete Kontaktaufnahme bis hin zum Kauf und dem anschließenden Service.
Fazit
SAP hat bis dato noch kein ausgesprochenes CX-Profil, verfolgt aber weiterhin die Ambition, zu einem der Top-Player in diesem Marktsegment aufzusteigen, und zwar basierend auf einer – unserer Einschätzung nach – heute schon sehr starken Position im reinen B2B-CX-Umfeld. Es gibt durchaus Konkurrenten, die in einzelnen CX-Disziplinen ein besseres Portfolio oder die ausgereifteren Produkte haben, wie etwa Salesforce, Oracle oder ServiceNow. Das Alleinstellungsmerkmal von SAP ist jedoch das umfangreiche CX-Portfolio kombiniert mit einer voranschreitenden, nahtlosen Integration mit Business-Applikationen, die Backoffice-Bereiche wie HCM, Finance, SCM und Beschaffung abdecken.
Diese gute Ausgangsposition befreit SAP nicht von der Aufgabe, Portfoliolücken zu anderen Anbietern zu schließen, entweder über eigene Produkte oder über Partnerlösungen. Die Grundlage für Letzteres ist durch ein starkes Partner-Ökosystem und die Integrationsplattform BTP sowie die zentrale Datendrehscheibe CDP gelegt. Entscheidend wird in jedem Fall die weiterhin konsequente Integration aller SAP-Produkte auf Daten-, Prozess- und UX-Ebene sein.