Künstliche Intelligenz (KI) ist bereits seit Jahren ein Hype-Thema, hat sich aber wegen ihrer Komplexität noch nicht in allen Bereichen etabliert. 1936 legt der Mathematiker Alan Turing durch seine bestätigte Theorie, dass Rechenmaschinen kognitive Prozesse ausführen können, den Grundstein für die KI. 1950 entwickelte Turing ein Testverfahren, das auslotet, ob ein Computer selbstständig denken kann. 1956 fassten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einer Konferenz den Entschluss, dass eine eigene Forschungsdisziplin notwendig sei, und prägten erstmals den Begriff „Künstliche Intelligenz“.
In den folgenden Jahren entstanden durch die weitere Forschung neue Theorien, Versuchsmodelle und Anwendungsfälle. Ein historischer Erfolg gelang 1997 der KI-Schachmaschine „Deep Blue“ von IBM: Sie bezwang den amtierenden Schachweltmeister Gari Kasparow in einem Turnier. Durch immer leistungsstärkere Prozessoren gelang KI in den vergangenen 20 Jahren der Einzug in den Alltag. So führte Apple 2011 Siri ein, eine Software, die natürliche Sprache versteht und darauf antwortet. Auch dem auf KI spezialisierte Tochterunternehmen DeepMind von Google gelang 2016 ein großer Erfolg, als dessen KI Lee Sedol, einen der weltbesten Go-Spieler, bezwang. Das in Ostasien verbreitete Spiel Go gilt als das komplexeste Strategiespiel der Welt.
Generative KI im Höhenflug
In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl weiterer KI-Lösungen auf den Markt gebracht. Gleichzeitig mussten viele Unternehmen jedoch erkennen, dass die Entwicklung von KI-Lösungen länger dauert als gedacht. Cognigy etwa hat für die Automotive-Branche einige virtuelle Assistenten entwickelt. Mit ChatGPT erfährt KI gerade einen neuen Hype. Steht sie somit vor dem großen Durchbruch?
Auf diese große Frage gibt es keine einfache Antwort. Hinter ChatGPT steckt generativen KI, also künstliche Intelligenz, die eigene Inhalte wie Texte und Bilder erstellen lann. Wie bei allen KI-Modellen ist zunächst eine große Datenbasis notwendig, um das System zu trainieren. ChatGPT basiert auf dem neuronalen Netzwerksprachmodell GPT-3 (Generative Pre-trained Transformer 3) von OpenAI, das seinen Fokus auf Natural Language Processing (NLP) legt, also der Verarbeitung natürlicher Sprache. Die Erfolge von NLP und Generative AI sind beachtlich, sodass die Technologie in naher Zukunft verstärkt zum Einsatz kommen dürfte.
Mäßige Investitionen, aber großes Potenzial
IT-Verantwortliche stehen vor der Herausforderung, die Stabilität der IT-Landschaft und einen störungsfreien IT-Betrieb sicherzustellen und gleichzeitig mittels moderner Technologien die Innovationskraft von Unternehmen zu stärken – Stichwort Ambidextrie. Die Entwicklung KI-basierter Lösungen wurde daher in der Vergangenheit aufgrund der Dringlichkeit anderer Themen eher gering priorisiert. Laut der Lünendonk®-Studie 2022 „Der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland“ legt daher nur knapp jedes vierte Unternehmen (26 %) 2023 und 2024 einen Investitionsfokus auf künstliche Intelligenz. Vielmehr stehen Themen wie Cyber Security und die IT-Modernisierung im Fokus, die sich auf die aktuelle IT und weniger auf innovative Lösungen konzentrieren.
Auch einer bitkom-Umfrage zufolge nutzten 2022 erst 9 Prozent der Unternehmen KI-Lösungen, 25 Prozent diskutierten darüber und 64 Prozent planen noch keine Einführung. Gleichzeitig sehen 63 Prozent der Unternehmen KI weit überwiegend oder eher als Chance, während 21 Prozent sie als Risiko empfinden.
Technologietrends 2023/2024: Investitionen in KI fallen noch verhältnismäßig gering aus
Kundenzentrierung in Marketing und Vertrieb durch KI steigern
Auch wenn die Investitionen in KI noch gering ausfallen, werden die Relevanz und der Impact auf das Business als hoch eingestuft. Laut einer aktuellen Erhebung von Lünendonk unter Marketing-, Vertriebs- und IT-Verantwortlichen aus dem deutschsprachigen Raum sehen bereits heute 80 Prozent künstliche Intelligenz als relevant für ihr Unternehmen an. Für das Jahr 2025 stimmen dem sogar 95 Prozent zu. In einer weiteren Studie unter Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter gehen 80 Prozent der Befragten davon aus, dass eine konsequente Kundenzentrierung in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis zukünftig nur mithilfe digitaler Technologien möglich sein wird. Als wichtigste Technologie wird dabei künstliche Intelligenz genannt, gefolgt von Data Analytics und Cloud-Lösungen.
Dieses ambivalente Bild des Investitionsverhalten zeigt jedoch, dass das Potenzial und die Mehrwerte von KI bekannt sind, es jedoch an der Umsetzung und Einführung von Modellen noch scheitert. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von mangelnden internen Skills über eine unzureichende Datenbasis bis hin zu ethischen und regulatorischen Fragestellungen.
Mehr Sicherheit durch KI in der Cyber Security
Dieser Gap zwischen Relevanz und Umsetzbarkeit zeigt sich auch in einem anderen Bereich. Im Cyber-Security-Umfeld gewinnt KI ebenfalls an Bedeutung: für die Abwehr von Hacker-Attacken und die Forensik. Die Anzahl der Cyber-Angriffe steigt. Wegen des immer höheren Digitalisierungsgrades und der fatalen Folgen bei erfolgreicher Infiltration investieren Unternehmen derzeit besonders stark in ihre Cyber-Resilienz. So wurden 2022 etwa Continental, das EU-Parlament und die Unfallkasse Thüringen Opfer von Cyber-Angriffen und kämpfen teilweise noch immer mit deren Folgen.
KI kann hier für ein höheres Schutzniveau sorgen, indem sie mit Daten trainiert wird und Anomalien wie auch Bedrohungen schneller aufdeckt. Ähnliche Lösungen ohne KI-Komponenten gibt es zwar schon länger auf dem Markt, mittels der KI lernt das System im Laufe der Zeit jedoch hinzu und kann Alerts in einen Kontext einordnen. 44 Prozent der befragten CIOs und CISOs legen laut einer Lünendonk®-Studie daher 2023/2024 ihren Fokus auf KI-gestützte Cyber-Abwehr und eine durch KI unterstützte Forensik.
Doch auch im Sektor KI-Sicherheit berichten die Unternehmen von einem hohen Bedarf an externer Unterstützung, weil eigenes Know-how fehlt. Fast jedes zweite Unternehmen (45 %) wünscht sich einen externen Berater.
Eine Antwort darauf, ob KI nun vor dem großen Durchbruch steht, lässt sich nicht pauschal und in dieser Kürze geben. Fest steht aber, dass Fortschritte gemacht werden, sodass KI Schritt für Schritt im privaten wie auch im beruflichen Leben Einzug hält und menschliches Handeln unterstützt. Dabei gilt es, die Einhaltung des geplanten Artificial Intelligence Act (AI Act) der Europäischen Union sicherzustellen, welcher Ende 2023/Anfang 2024 in Kraft treten soll und Betreiber und Nutzer von KI-Systemen dazu verpflichtet, bestimmte Regularien zu erfüllen.