„Innovative Vorhaben benötigen Zeit, um Fahrt aufzunehmen. Ein langfristig gesichertes Budget ist daher unabdingbar, um den Weg für erfolgreiche Innovationen zu ebnen.“
Florian Bogenschütz, Wayra Germany
Florian Bogenschütz ist CEO von Wayra Deutschland, der Innovations- und Investmenteinheit der o2 Telefónica, und verantwortet dort die Geschäftsentwicklung und die strategische Ausrichtung. Als Gründer, Startup Advisor, Podcast Host und CEO kennt er die Vorteile, Herausforderungen, Erfolgsfaktoren und Stolpersteine bei Aufbau und Durchführung von Startup- und Innovationsprogrammen sehr genau.
Das Interview mit Florian Bogenschütz stammt aus dem Startup- und Innovationsmonitor 2024, einer umfangreichen, aktuellen DACH-Studie der Startup- und Innovationsprogramme von valantic (Download).
Florian, was macht ein gutes Startup- und Innovationsprogramm aus und wovon können Teilnehmer*innen am meisten profitieren?
Bogenschütz: Für Gründer*innen sind besonders jene Programme wertvoll, die sie unterstützen, ihre Geschäftsideen zu realisieren und erfolgreich am Markt zu etablieren. Der entscheidende Vorteil ist die Anbahnung neuer Geschäftsbeziehungen und der daraus resultierende Umsatz. Wayra als Venture-Client-Hub zeichnet sich durch ein breites Spektrum an Angeboten für Startups aus, darunter Mentoring, finanzielle Unterstützung und der Zugang zu einem umfangreichen Netzwerk aus Expert*innen, Investor*innen und potenziellen Kund*innen.
Für etablierte Unternehmen bedeutet die Zusammenarbeit mit Startups Zugang zu innovativen Lösungen und Technologien, die ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Auch sie profitieren von neuen Umsätzen oder Kostenersparnissen durch fortschrittliche Ansätze. Die dadurch entstehenden Partnerschaften sind eine Win-win-Situation für Startups und Unternehmen.
Was sind aus deiner Sicht die größten Herausforderungen beim Aufbau eines Startup-Programms und wie lauten deine Praxistipps für Unternehmen, die ein Startup-Programm aufbauen möchten?
Innovative Vorhaben benötigen Zeit, um Fahrt aufzunehmen. Ein langfristig gesichertes Budget ist daher unabdingbar, um den Weg für diese Entwicklungen zu ebnen. Ein Beispiel ist die Finanzierung von Pilotprojekten. Diese nimmt den Business-Units das Risiko und fördert deren Offenheit für innovative und unkonventionelle Lösungen. Ist der Pilot erfolgreich, fällt es ihnen
erheblich leichter, die Zusammenarbeit mit einem Startup fortzusetzen. Eine weitere Herausforderung sind die vereinfachten Fast-Track-Prozesse, die so gestaltet werden müssen, dass sie sowohl für Startups als auch für das Unternehmen schnell und effektiv funktionieren.
„Ein erfolgreiches Startup- und Innovationsprogramm zeichnet sich dadurch aus, dass konkrete wirtschaftliche Ziele verfolgt und messbar erreicht werden. Das gilt für beide Seiten, also für das Unternehmen ebenso wie für das Startup.“
Martin Peters, Senior Manager bei valantic und Experte für digitale Transformation
Da Startups und Großkonzerne sehr unterschiedlich arbeiten, sind Rücksichtnahme und Vertrauen entscheidend, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ein Vermittler wie Wayra unterstützt bei diesem Prozess. Schließlich ist der direkte Draht zum Vorstand erfolgskritisch, um Herausforderungen zügig zu adressieren und Sichtbarkeit zu erlangen.
Welche Trends siehst du aktuell im Startup-Umfeld? Welche Veränderungen hast du in den vergangenen Jahren im Angebot von Startup- und Innovationsprogrammen beobachtet?
Aktuell sehen wir im Startup-Umfeld einen deutlichen Trend hin zu hybriden Finanzierungsmodellen, bei denen Gründer*innen zunächst Bootstrapping betreiben, um die ersten Jahre eigenständig zu überbrücken, und dann gezielt Fremdkapital aufnehmen, um schneller zu wachsen. Dieses Modell wird immer populärer, da es Gründer*innen ermöglicht, länger unabhängig zu bleiben und weniger Anteile abgeben zu müssen. Besonders im SaaS-Bereich bewährt sich dieser Ansatz, da hier mit begrenztem Aufwand ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt und ein solider Cashflow generiert werden kann.
Gleichzeitig beobachten wir, dass Investor*innen zunehmend auf realistische Businesspläne und frühzeitige Profitabilität achten, was den Druck auf Gründer*innen erhöht, von Anfang an wirtschaftlich solide Konzepte zu verfolgen.
Was macht Euer Programm erfolgreich und was war Euch bei der Konzeption des Programms besonders wichtig?
Wayra ist erfolgreich, weil wir Startups die Möglichkeit bieten, Umsatz zu generieren. Das hat für uns oberste Priorität. Wir bieten maßgeschneiderte Unterstützung für jedes Startup und legen den Fokus auf technologische Innovationen in den Bereichen 5G, Cybersecurity und KI. Dabei hilft auch unser Zugang zu einem umfangreichen Netzwerk von Mentor*innen, Expert*innen und potenziellen Kund*:innen innerhalb des Telefónica-Ökosystems. Aus Konzernsicht war es uns wichtig, dass unser Programm einen messbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet, sei es durch Umsatzsteigerung oder Kostensenkung. Indem wir diese essenziellen Anforderungen erfüllen, können wir nachhaltig erfolgreich sein.
Worin unterscheidet Ihr Euch von vergleichbaren Programmen?
Der größte Unterschied besteht in unserer klaren Fokussierung: Kein „Innovations-Blabla”, stattdessen haben wir Innovation fest in die bestehenden Unternehmensprozesse und
Denkstrukturen integriert, mit klaren KPIs und definierten Prozessen, die messbare Ergebnisse liefern.
Anstatt Startups mit Mentoren-Programmen oder ähnlichen Konzepten zu überhäufen, konzentrieren wir uns darauf, was sie wirklich brauchen, also Umsätze. Wir unterstützen sie dabei, ihre Lösungen erfolgreich auf den Markt zu bringen und nachhaltiges Wachstum zu erzielen.
Zudem stellen wir unseren Open-Innovation-Hub mit Sitz im Herzen von München als Arbeitsort für unsere Startups zur Verfügung. In unserem Tech Lab können die Firmen außerdem ihre Produkte ausstellen. Diese umfassende Unterstützung und die Möglichkeit, direkt mit einem großen Telekommunikationsunternehmen zusammenzuarbeiten, machen unser Programm einzigartig.
Gibt es im Telko-Umfeld besondere Trends und Themen? Welche zukünftigen Entwicklungen siehst du für die Branche?
Im Telko-Umfeld sehen wir gerade zwei große Trends: Employee Mobility und Upskilling. Da müssen auch wir richtig Gas geben, um weiter vorn mit dabei zu sein. Aber die Kernthemen sind eigentlich so alt wie die Branche selbst: Wir müssen genau wissen, was die Kund*innen wollen, und dafür die richtigen Voraussetzungen schaffen. Das bedeutet, dass wir nicht nur nach außen hin innovativ sein müssen, sondern auch intern. Telefónica muss so aufgestellt sein, dass wir Kundenwünsche schnell und effektiv umsetzen können. Nur so bleiben wir konkurrenzfähig und sind für die Zukunft gut gerüstet.
Was ist eine Erfolgsstory eines Startups, die dich begeistert hat?
Das Startup Conntac hat uns besonders beeindruckt. Conntac zeichnet sich durch seine wegweisenden Lösungen und benutzerfreundlichen Produkte aus, die speziell auf die Verbesserung der Kundenkommunikation und des Supports abzielen. Conntac nutzt innovative Technologien, um die Nutzererfahrung signifikant zu steigern, und zeigt eine bemerkenswerte Agilität, um schnell auf Veränderungen am Markt zu reagieren und individuell angepasste Lösungen zu bieten. Besonders hervorzuheben ist das starke und erfahrene Team, das durch seine Expertise und Kreativität überzeugt. Ihre ausgeprägte Kundenorientierung gewährleistet, dass die entwickelten Produkte und Dienstleistungen
präzise auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sind, was Conntac zu einem ausgezeichneten Partner in unserer Zusammenarbeit gemacht hat.
Florian, vielen Dank für das Gespräch und die vielen spannenden Insights.
Zum Hintergrund der Studie:
Der Startup- und Innovationsmonitor 2024 von valantic bietet einen detaillierten Überblick der Startup- und Innovationsprogramme aller Unternehmen der Aktienindizes DAX, MDAX, ATX und SMI inkl. Best Practices. Die bereits siebte Auflage der Studie liefert Erkenntnisse, wie strukturierte Inkubatoren, Acceleratoren und VCs beiderseitigen Erfolg bei Startups und Corporates fördern. Es werden die Entwicklungen innerhalb der einzelnen Indizes aufgezeigt und ein Überblick zu derzeitigen Trends und Zukunftsthemen wie ESG und KI gegeben. Abgerundet wird der Report durch Experteninterviews, die spannende Erfahrungen aus der Praxis beinhalten.