2. September 2019
Heute dürfen wir Herrn Kai Storjohann begrüßen. Herr Storjohann ist Digital Marketing Manager bei der wedi GmbH und Experte im Bereich Produkt-Daten-Management. Herr Storjohann steht uns zum Interview zur Verfügung.
Kahler: Herr Storjohann, Sie sind Digital Marketing Manager bei der wedi GmbH. Sie haben einige Erfahrung im Bereich PIM Evaluierung und Einführung von PIM Systemen. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Gefahren bei einer PIM Einführung?
Storjohann: Gefahr hört sich direkt so negativ an. Sprechen wir lieber von einer großen Anzahl zu priorisierenden Aufgaben oder Herausforderungen die im Nachgang, bei Nichtbeachtung, wieder mehr oder weniger schwere Auswirkungen auf andere Aufgaben oder Bereiche haben können. Das fängt schon bei der Team-Zusammenstellung im Unternehmen und der damit verbundenen Rückendeckung seitens der Unternehmensführung an, zieht sich über die Dokumentation von Prozessen und Daten und endet darin, dass man sich zu hohe Ziele in zu kurzer Zeit setzt.
Wird bei der Einführung kein Fokus auf die logische Vererbungsstruktur und den Wissensaufbau des Teams gelegt, fängt man früher oder später wieder von vorne an. Dabei wird auch schnell klar, ob das PIM System zum Unternehmen passt und ob der Dienstleister/Systemintegrator sein Handwerk versteht. Also lieber im Vorfeld etwas mehr Zeit und Geld für die Evaluierung investieren als am Ende eine Rückabwicklung durchführen zu müssen.
Kahler: Welche Rolle spielt die Qualität der Produktdaten bzw. der Datenpflege-Prozess hinsichtlich der Zeitplanung.
Storjohann: Fehler bei den Produktdaten fallen oft erst auf, wenn diese visuell im Zusammenhang dargestellt werden, z.B. durch ein technisches Datenblatt, egal ob visuell im PIM oder physisch vorliegend. Um dieses zu vermeiden, sollte schon im Entstehungsprozess, also bei der Erstellung von Produkt-Pflichten- und –Lastenheft, von Produktmanagement und F&E auf eine korrekte Übergabe der Daten, beispielsweise aus einem PLM oder einem Artikelstammdatenblatt, geachtet werden.
Um unnötige Korrekturschleifen zu vermeiden, welche die Zeitplanung erheblich verzögern können, kann man mittels integriertem BPM im PIM auch Freigabeprozesse definieren, bei denen jeder Mitarbeiter seine Daten explizit freigeben muss. Oft werden hier auch Schwachstellen aufgedeckt, z.B. die Klärung der Zuständigkeiten von benötigen Attributwerten. Wichtiger als die Qualität der Werte ist, dass man sich darüber im Klaren ist, welche Attribute man überhaupt bei welchen Produkten hat und wie man an die fehlenden, korrekten Informationen gelangt. Die Pflege dieser ist dann, in Abhängigkeit von der Produkt-/Artikelanzahl, eine kleinere oder größere Fleißaufgabe.
Kahler: Man könnte also sagen, dass die Datenpflege bzw. der Prozesse eine Schlüsselfunktion einnimmt. Wie würden Sie die Situation hinsichtlich der Personal-Ressourcen im Datenpflege-Prozess beurteilen?
Storjohann: Ja, die in der Vererbungslogik abgebildeten Daten, welche mittels definierter Prozesse ermittelt werden, bilden das Fundament des Systems.
Aufgrund der zahlreichen, am Prozess beteiligten Abteilungen und den damit verbundenen Personen, ist es eine Herausforderung, auf die Wichtigkeit der Daten inkl. deren Qualität und deren Abhängigkeiten im Prozess hinzuweisen. Gerade beim Projektstart oder besser sogar noch davor, sollte man die entsprechenden Abteilungen mit einbeziehen. Personal-Ressourcen sollten sinnvoll dort eingesetzt werden, wo noch keine Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen existieren.
Kahler: Bindet der Datenpflege-Prozess außergewöhnlich viel Personal? Macht es Sinn externe Ressourcen hierzu hinzu zu ziehen?
Storjohann: Der Pflegeprozess kann, wenn Daten erst einmal eruiert werden müssen, sehr viele Ressourcen binden. Das hängt auch wieder damit zusammen, wie viele Informationen man für welche Marktanforderung benötigt. Eine pauschale Aussage diesbezüglich kann m. E. nicht getroffen werden.
Externe Ressourcen müssen, wenn Sie Daten im PIM pflegen sollen, in das System eingearbeitet werden. An dieser Stelle ist es wichtig, dass das Rechtemanagement im PIM stimmig ist und dass Vererbungslogiken nicht, bewusst oder unbewusst, aufgebrochen werden. Alternativ können Daten auch in definierten Tabellen oder Datenbanken aufbereitet werden und zentral über eine Team-Ressource (Datenmanagement) importiert werden. Ich befürworte, Daten innerhalb des Unternehmens von den jeweiligen zuständigen Mitarbeitern ermitteln und pflegen zu lassen, da die diese sich dann nachhaltiger Gedanken machen und die Akzeptanz des PIM-Systems steigt.
Kahler: Eine letzte Frage, wir erleben immer wieder, dass Unternehmen wollen, dass ihre PIM Anforderungen mit einem bestehenden ERP System abgebildet werden sollen. Ist dies aus Ihrer Sicht möglich und vor allem sinnvoll?
Storjohann: Man sollte sich die Frage stellen, wofür das System, egal ob ERP, PIM, DAM oder ähnliches, ausgelegt ist. Was ist Ziel des Systems und welche Anforderungen/Aufgaben kann man mit dem System umsetzen, ohne es so zu verbiegen, dass es im „besten Fall“ am Ende nicht mehr updatefähig ist?
Die Aufgaben eines ERP-Systems sind u. a. die zentrale Speicherung von Artikelstammdaten, die Preis-/Rabattkalkulation, die Ausgabe von Belegen, wie Rechnungen, ABs etc. oder das Empfangen/die Eingabe von Bestellungen. Im PIM werden beispielsweise Produkte/Artikel mit Merkmalen in Attributen neutral angereichert und klassifiziert, Marketingtexte hinterlegt und via TMS eine Übersetzung angestoßen. Die Publikationsplanung wird ebenfalls festgelegt.
Nimmt man alleine die o.g. Aufgaben der Systeme als Grundlage zur Beantwortung Ihrer Frage, so würde ich davon abraten. Was in Zukunft beispielsweise mit KI alles möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
Kahler: Vielen Dank für das Interview.
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