21. April 2021
Mit der nun bereits im vierten Jahr in Folge durchgeführten S/4HANA Expertenbefragung 2021 hat valantic aktuelle Trends über die Entwicklung und die derzeitige Akzeptanz von SAP S/4HANA auf dem Markt identifiziert.
Über die letzten drei Jahre, in denen valantic seine Expertenbefragung zum Thema SAP S/4HANA durchgeführt hat, blieben die Gründe für eine Umstellung auf S/4HANA sehr stabil: Die Modernisierung der SAP-Anwendungen sowie der technischen Infrastruktur wird gleichauf genannt mit dem von SAP angekündigten Ende der Wartung für SAP ERP 6.0. Beide Themen spielen für 67% der Befragten die größte Rolle. Auch wenn das von SAP für 2027 angekündigte Wartungsende noch recht fern scheint, realisieren viele Unternehmen, dass die verbleibende Zeit für ein derart umfangreiches Projektvorhaben trotzdem knapp werden könnte. Je nach Projektansatz und Unternehmensgröße haben S/4HANA-Migrationen Projektlaufzeiten zwischen einem und fünf Jahren.
Trotzdem steht für viele Unternehmen neben der rein technischen Notwendigkeit, ein Software-Release-Upgrade vorzunehmen, die Chance im Vordergrund, die ein solches Projekt bietet. Dazu zählt beispielsweise die Möglichkeit, Prozesse neu auszurichten und sie in Hinblick auf die Herausforderungen der digitalen Transformation zukunftsfähig zu gestalten – unter anderem durch Steigerung der Performance, Effizienz und Benutzerfreundlichkeit Für 63% der Befragten stehen diese Vorteile ebenfalls ganz vorne in der Reihe der wesentlichen Gründe für eine frühe Entscheidung für S/4HANA.
Den größten Nutzen sehen Unternehmen in der Konsolidierung und Harmonisierung von Geschäftsprozessen und in der Einführung neuer Funktionen wie beispielsweise dem Geschäftspartnerkonzept, dem neuen Hauptbuch und der Ledger-Technik (jeweils 70 Prozent).
Als neuer großer Treiber für S/4HANA-Umstellungen kristallisieren sich zunehmend die realisierbaren Automatisierungspotenziale heraus. Unternehmen wollen das Implementierungsprojekt als Vorbereitungsmaßnahme nutzen, um Automatisierungspotenziale besser ausschöpfen zu können. Für knapp 30% der Befragten ist mittlerweile der „Enabler-Effekt“ ein signifikanter Umstellungsgrund – eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahresergebnis. Konkret bedeutet das, dass S/4HANA in seiner Funktion als moderner und stabiler digitaler Kern für betriebswirtschaftliche Prozesse im Unternehmen eine immer wichtiger werdende Rolle zugeschrieben wird. Es dient als Voraussetzung dafür, künftig in stetig kürzer werdenden Abständen Prozessveränderungen flexibel umsetzen zu können.
In diesem Zusammenhang wird Robotic Process Automation (RPA) immer noch mit großem Abstand als diejenige Technologie genannt, die für Prozessautomatisierung bevorzugt zum Einsatz kommt. Predictive Analytics, Künstliche Intelligenz (KI) und Chatbots (Conversational AI) holen allerdings gegenüber den Vorjahren deutlich auf und werden mittlerweile in bis zu einem Viertel der Unternehmen bei der Prozessoptimierung eingesetzt.
Automatisierung erfolgt überwiegend vor dem Hintergrund knapper Ressourcen mit dem Ziel, die Effizienz und Qualität von Prozessen zu steigern und diese grundsätzlich schneller zu machen. Kosteneinsparungen sind zwar relevant, spielen in der Entscheidungsfindung der befragten Unternehmen in Sachen Automatisierung aber nur eine untergeordnete Rolle. Personalabbau ist in den seltensten Fällen ein Treiber für Automatisierung.
Die Abteilung „Finance & Controlling“ wird auch 2021 weiterhin als der Fachbereich genannt, der am stärksten von einer Umstellung auf SAP S/4HANA profitiert. Dennoch rücken sowohl Logistik- als auch Einkaufsprozesse in SAP S/4 HANA immer mehr in den Fokus der Anwender. Das ist auch gut begründbar: Lag das Hauptaugenmerk in den letzten Jahren noch sehr stark auf den intrinsischen, also durch S/4HANA selbst erbrachten Vorteilen, so geraten jetzt verstärkt die End-to-End-Prozesse – und damit die Vorteile, die über die ERP-Installation im engeren Sinne hinausgehen – ins Blickfeld.
Diese Entwicklung zeigt sich in gleicher Weise auch bei der Frage nach den größten Automatisierungspotenzialen. Unternehmen sehen den größten Gewinn nach wie vor im Bereich Finance & Controlling, allerdings schließen auch hier die Bereiche Einkauf, Produktion und Logistik weiter auf. Man darf vermuten, dass die zunehmende Betrachtung von End-to-End-Prozessen dazu führt, den Nutzen über die gesamte Prozesskette hinweg zu erkennen.
Eine äußerst spannende Entwicklung zeichnet sich bei der Frage nach dem richtigen Transformationsansatz ab. Hybride Vorgehensmodelle – wie beispielsweise der flexible Bluefield-Migrationsansatz – verdrängen nachhaltig Green- und Brownfield-Ansätze.
Schon über die letzten drei Jahre hinweg war zu beobachten, dass der eigentlich sinnvollere Greenfield-Ansatz, der zu Beginn von einer Mehrzahl der Unternehmen präferiert wurde, gegenüber Brownfield ins Hintertreffen geriet. Grund dafür war nicht etwa eine Veränderung in der inhaltlichen Einschätzung, sondern die schlichte Erkenntnis, dass Greenfield-Projekte nicht selten teurer wurden und länger liefen als geplant. Insbesondere der Aufwand für die Datenmigration und -konvertierung war erheblich. Hybride Transformationsmethoden, die große Teile der komplexen Datenkonvertierung Tool-gestützt und automatisiert übernehmen, haben sich mittlerweile etabliert und ermöglichen es so, Projektkosten stabil zu halten, ohne auf den Nutzen der prozessualen Erneuerung (Greenfield) verzichten zu müssen.
Bei der Auswahl ihrer Implementierungspartner verfolgen Unternehmen deshalb auch klare Prioritäten: Nachdem mittlerweile schon über mehrere Jahre S/4HANA-Projekte am Markt realisiert werden, setzen Unternehmen zu Recht bei ihren Partnern ein großes Maß an Implementierungserfahrung voraus. Damit einher geht die Erwartung, dass der Implementierungspartner auch die Fähigkeit besitzt, Geschäftsprozesse konsequent neu zu denken, zu harmonisieren und zu standardisieren.
Bei der Frage nach dem bevorzugten Deployment-Modell haben sich die Cloud-Angebote immer noch nicht durchsetzen können. Nach wie vor bevorzugt der überwiegende Teil der befragten Unternehmen den Eigenbetrieb des S/4HANA-Systems (On-Premises). Zwar wird der Abstand zu Cloud-Varianten kontinuierlich kleiner, allerdings vollzieht sich diese Entwicklung in sehr kleinen Schritten. Weniger als ein Drittel der befragten Unternehmen entscheidet sich für eine Cloud-Option. Dabei bekommt die Private Cloud mit 22% das größte Kuchenstück ab. Die Public Cloud-Lösungen rangieren weiterhin weit abgeschlagen.
Woran liegt das? Schon bei der Frage nach den Aufwandstreibern für die S/4HANA-Implementierung wurden die Eigenentwicklungen häufig genannt. Auch bei der Entscheidung gegen eine Cloud-Lösung verweisen Unternehmen darauf, dass Cloud-Szenarien wenig bis gar keine Möglichkeiten zur Übernahme oder Integration von kundenindividuellen Eigenentwicklungen bieten. Dies steht der Wahl der Cloud-Option zuallererst im Weg, dicht gefolgt von der nicht oder nur eingeschränkt vorhandenen Möglichkeit, individuelles Customizing zu betreiben.
Es sind also die unzureichenden Individualisierungsmöglichkeiten, die eine flächendeckende Einführung von Cloud-Lösungen verhindern. Und hier liegt auch zugleich ein interessantes Paradoxon: Schließlich ist eines der erklärten Ziele von S/4HANA-Projekten, eine bessere Standardisierung und Harmonisierung von Geschäftsprozessen zu erreichen. Beide Aussagen scheinen sich auf den ersten Blick zu widersprechen. Auf den zweiten Blick aber wird klar, worum es im Kern geht: Harmonisierung und Standardisierung werden als absolut notwendig erachtet, allerdings muss gleichermaßen Raum für individuelle Standards vorhanden sein, die dann unternehmensweit Gültigkeit besitzen.
Für die Zukunft erwartet eine große Mehrheit der befragten Unternehmen, dass sich On-Premises-Installationen nicht mehr dauerhaft durchsetzen werden, aber auch nicht vollkommen vom Markt verschwinden und vollumfänglich von reinen Cloud-Lösungen abgelöst werden. Wie schon bei den Transformations-Methoden zeichnet sich auch beim Betriebsmodell ein klarer Trend hin zum „Best-of-both“-Szenario ab. Das heißt in diesem Fall: hybride Betriebsmodelle wie der Two-Tier-Ansatz.
Deutlich wird darüber hinaus, dass für den Betrieb von Cloud-Lösungen die großen Marktteilnehmer dauerhaft das Vertrauen der Unternehmen bekommen. Vorneweg SAP, gefolgt von Microsoft Azure. AWS, Google und andere folgen mit weitem Abstand.
valantic führt die Expertenumfrage zur Migration auf S/4HANA bereits seit mehreren Jahren durch, und das von SAP gesetzte Wartungsende 2027 rückt näher. Viele Unternehmen sehen Migrationsprojekte nicht mehr nur als „Must-do“, sondern erkennen, dass sie mit SAPs neuer Plattform S/4HANA auch viele Vorteile realisieren können – zum Beispiel Prozessoptimierung und -automatisierung sowie Performance- und Effizienzgewinne. Etwa zwei Drittel aller Unternehmen, so das Ergebnis einer weiteren Umfrage von valantic, vertrauen bei komplexen Transformationsprojekten auf die Unterstützung durch einen externen IT-Dienstleister, um von Optimierungspotenzialen bestmöglich zu profitieren.
Den vollständigen Report zur S/4HANA Expertenbefragung 2021 können Sie hier herunterladen.
Zum Download des Umfrage-Reports „82 Prozent der Unternehmen planen Migration auf S/4HANA“
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