25. September 2020
Thomas Wieberneit ist langjähriger CRM-Praktiker, laut Data2CRM einer der Top 20 Experten auf seinem Gebiet und regelmäßig einer der Top 10 Autoren auf CustomerThink. Bei valantic betreut er die Themenbereiche Vertrieb, Marketing, Service, Zusammenarbeit, Kundenbindung und -erfahrung im Bereich CX. Im Interview verrät er, wie er die Zukunft der digitalen Customer Experience sieht und auf welche Trends sich Unternehmen einstellen sollten.
valantic arbeitet bereits seit vielen Jahren als Partner der SAP im Bereich Customer Experience Management. Wie hat sich Euer Geschäft in den letzten Jahren entwickelt und wo setzt ihr heute zentrale Schwerpunkte?
Das Geschäft hat sich in den letzten fünf Jahren auf zwei Arten geändert. Zum einen hat es sich nahezu in Richtung Cloud bewegt, zum anderen entwickeln wir als valantic uns von einer technisch orientierten Beratung hin zu einer nutzerorientierten Beratung. Wir legen einen immer stärkeren Fokus darauf, eine Lösung zu erstellen, die vom Standpunkt der Endnutzer her entwickelt wird und betrachten dabei die Customer Journey anstatt einen eher technisch orientierten Blueprint zu erstellen. Die Zufriedenheit unserer Kunden bestärkt uns bei diesem nutzerzentrierten Ansatz.
Welche CX Themen werden aktuell am häufigsten von Kunden nachgefragt?
Da ist zum einen natürlich der Bereich E-Commerce, der auch aufgrund der Corona-Pandemie einen Schub erhalten hat. Viele Unternehmen haben festgestellt, dass ein funktionierender digitaler Vertriebskanal ein entscheidender Erfolgsfaktor für sie ist. Der zweite Bereich ist der der digitalen Vertriebsunterstützung. Hier erkennen wir den Trend weg vom klassischen Kern des transaktionalen Vertriebsinformationssystems hin zu datengetriebener Unterstützung und Empfehlungen für Vertriebsmitarbeitende. Automatisches Scoring und Aktionsvorschläge werden immer wichtiger, auch um die Mitarbeiter von weniger produktiven Datenpflege-Arbeiten zu entlasten. Das funktioniert umso besser, je besser die Datenqualität ist. Wir bemerken im Rahmen unserer Projekte aber leider immer wieder eine ungenügende Datenqualität. Das bremst Unternehmen bei der Hebung von durch CRM- und CX-Lösungen geliefertem Wert. Ein weiterer Bereich, der mittlerweile mehr an Wert gewinnt, ist der Service-Bereich.
Was ist der größte Kundennutzen, den Kunden durch die Einführung von SAP CX Lösungen aus Deiner Sicht erzielen konnten?
Hier muss ich eine typische Beraterantwort geben: Das hängt davon ab. SAP CX-Lösungen können, richtig eingesetzt, Wert in zwei wichtigen Dimensionen liefern: Top Line (Umsatz) und Bottom Line (Gewinn). Zum einen können sie ganz klassisch durch ihre tiefe Integration und die starke Prozessorientierung der SAP erheblich dazu beitragen, dass Prozesse deutlich effizienter ablaufen. Das senkt die Kosten und erhöht schließlich den Gewinn. Weiterhin können Mitarbeitende sich besser auf gewinnbringendere Aktivitäten fokussieren. Intelligente Auswertungen, die die SAP CX-Lösungen liefern, unterstützen dabei, die wichtigen nächsten Schritte im Vertriebsprozess und den Fokus zu bestimmen. Auch das zahlt auf den Unternehmenserfolg ein. Insbesondere in Verbindung mit der unterschätzten Marketing Cloud der SAP können interessierten Kunden außerdem mehr relevante Angebote der Unternehmen bekannt gemacht werden. Angebote, von denen die Kunden oftmals gar nicht erst etwas mitbekommen haben. Dies kann durch eine gezieltere Ansprache passieren oder durch intelligente Produktempfehlungen. Das dadurch ermöglichte Up- und Crossselling erhöht den Umsatz und beeinflusst damit auch den Gewinn.
Mal zum Spaß: Was war denn die kurioseste Business Anforderung, die ein Kunde mit Euren Produkten umsetzen wollte?
Eine gute Frage. Es kommt natürlich immer mal wieder vor, dass uns eine Anforderung kurios erscheint. Das hängt aber in aller Regel mit unvollständigen Informationen auf beiden Seiten oder unterschiedlicher Verwendung derselben Begriffe zusammen. Wenn uns etwas kurios oder unsinnig erscheint, dann fragen wir, wie wir diese Anforderung verstehen müssen und woher sie kommt. In aller Regel ergibt sich dann zunächst ein gemeinsames Schmunzeln; dann findet sich eine Lösung, die erstens dem eigentlichen Wunsch des Kunden entspricht und zweitens mit dem Set an Technologien, mit dem wir arbeiten, auch gut umsetzbar ist. Zum Beispiel habe ich letztens mit einem Kunden gesprochen, der unbedingt eine Kundenportal-Software haben wollte, um Kunden ein Login auf der Webseite zu ermöglichen. Das erschien uns nicht wirklich einsichtig. In der anschließenden Unterhaltung stellten wir fest, dass (ausnahmsweise) wir einen weniger technischen und eher konzeptionellen Begriff von Kundenportal hatten. Natürlich haben wir gemeinsam eine gute Lösung gefunden.
Welche generellen Trends siehst Du in den kommenden Jahren im Bereich CX auf Euch und die Kunden zukommen?
Unternehmen werden sich und ihre Angebote immer weniger über die klassischen P’s (Produkt, Preis, Platzierung und Promotion) abgrenzen, sondern die Produkte und Dienstleistungen werden zu Commodities und damit austauschbar. Stattdessen wird der entscheidende Geschäftsvorteil, den Unternehmen gewinnen können, darauf beruhen, dass sie den Kunden einen reibungslosen Prozess zur Erfüllung ihrer Bedarfe und damit gute Erlebnisse bieten.
Ganz offensichtlich ist der verstärkte Trend zur ‘Customer Managed Journey‘, bei dem nicht das Unternehmen eine Customer Journey definiert, sondern der Kunde sich die Contact Points – ich sage hier bewusst nicht Touchpoints, da dieses Wort zu stark vom Marketing geprägt ist – aus den vom Unternehmen angebotenen Kommunikationskanälen auswählt, die ihm gerade passen.
Außerdem denke ich, die Geduld der Kunden wird weiter abnehmen und der Wunsch nach akkuraten Zeitangaben, z.B. bei Lieferungen, wird wachsen. Stichwort: „Meine Zeit ist wertvoll“. Das wird dazu führen, dass mehr Echtzeitinteraktionen mit Hilfe von wirklich funktionsfähigen Chat- und Voicebots stattfinden werden.
Augmented und Virtual Reality werden immer wichtiger werden. Menschen können visuelle Informationen sehr gut aufnehmen und verarbeiten – und dabei z.B. in Service-Szenarien die Hände frei haben, um die gewonnenen Informationen auch umsetzen zu können.
Auch wird die Interaktion mit Systemen die Norm werden, die den menschlichen Bedürfnissen entspricht. Systeme werden sich an den Menschen anpassen, nicht umgekehrt. Interaktionen mit Informationstechnologie werden stark vermenschlicht. Unternehmen können sich darauf einstellen, dass ihre Kunden sich immer weniger an durch sie aufgestellte Einschränkungen halten möchten. Text und Sprache als für den Menschen natürliche Kommunikationsformen entwickeln sich zu einem immer wichtigeren Faktor für die Interaktion mit Systemen werden.
Customer Focus Day SAP
Im Rahmen des Customer Focus Day SAP zeigte Thomas Wieberneit zusammen mit Markus Kufner (SAP), wie der Vertrieb mithilfe von Sales Intelligence zukünftig fundierte Entscheidungen treffen kann.
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