5. Juli 2021
Headless Commerce revolutioniert den Omnichannel. So weit, so gut. Aber was bedeutet das konkret? Inwiefern ist die Technologie „headless“? Was sind die Vorteile, und welche Rolle spielt SAP Spartacus in diesem Zusammenhang? Viele Fragen, die uns Simon Hamm von valantic CEC Deutschland im Interview ausführlich beantwortet hat.
Von Headless Commerce ist immer dann die Rede, wenn die Software-Architektur entkoppelt ist. Sprich: Front- und Backend sind voneinander getrennt und kommunizieren mittels standardisierter Application Programming Interfaces (API-Interfaces). Logiken wie Orderprozesse werden in solch „kopflosen“ Architekturen im Backend abgebildet. Das Frontend wird vergleichsweise einfach gehalten und dient in erster Linie der ansprechenden Darstellung für die User*innen.
Der Begriff „Headless“ stammt ursprünglich aus der IT-Architektur. Durch die technische Trennung von Backend (Datenhaltung und Geschäftslogik) und Frontend (Auftritt nach außen) entstehen sogenannte Insellösungen. Diese kommunizieren zwar miteinander, funktionieren aber sonst möglichst unabhängig voneinander und benötigen demnach keinen einzelnen Kopf als zentrale Anlaufstelle.
Bei herkömmlichen Software-Lösungen sind Frontend und Backend in der Regel fest miteinander verbunden. Eine Software ist dabei häufig für mehrere Prozesse verantwortlich – sowohl für das Speichern und Verarbeiten von Daten wie auch für die Präsentation im Frontend. Solange man den genauen Verwendungszweck der Software kennt, kann das durchaus praktisch sein. Allerdings entsteht dadurch auch eine gewisse funktionelle Abhängigkeit vom technischen Ökosystem des Herstellers. Und genau an diesem Punkt entstand die Notwendigkeit, etwas an der Software-Architektur zu ändern.
Denn: Zwar konnten Funktionsumfänge durch gewisse Plug-ins erweitert werden. Für technologische Innovationen blieb allerdings wenig bis kein Raum. Und wenn, dann waren diese mit hohen Kosten und langen Entwicklungszeiten verbunden. In einer immer komplexer werdenden E-Commerce-Welt ist jedoch genau das Gegenteil gefragt: ständige Weiterentwicklung bei minimalem zeitlichem und finanziellem Aufwand.
Übrigens: Im Bereich Content-Management wurde dieses Problem bereits sehr früh erkannt. Um Texte und Bilder auf allen Endgeräten optimal anzuzeigen, brauchte es neue Ansätze. Die Lösung waren Headless-CMS: Entwickelt wurden Content-Management-Systeme, die Frontend-unabhängig funktionieren.
Die Trennung der eigentlichen Inhalte von ihrer Präsentation bringt mehrere Vorteile mit sich, auf die ich gerne kurz näher eingehen würde:
Innovation: Mit Microservices lassen sich innerhalb kürzester Zeit neue Vertriebswege aufsetzen und testen. Kombiniert mit agilen Prinzipien werden hochmoderne Absatzkanäle geschaffen. Diese können bei Bedarf optimiert und an die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasst werden.
Headless-E-Commerce ist in der Lage, das Nutzererlebnis entscheidend positiv zu beeinflussen. Der Headless-Commerce-Ansatz schafft Flexibilität und damit einen klaren Wettbewerbsvorteil. Er macht es möglich, dass schnell und effizient von den Vorteilen neuer technologischer Entwicklungen profitiert werden kann.
Ja, und diese hängen unmittelbar mit den Vorteilen zusammen. Wer einzigartige Kundenerlebnisse schaffen möchte, muss die technischen und finanziellen Mittel dafür aufbringen. Headless Commerce erfordert viel Zeit, Energie, Kompetenz – und eben meist auch Geld.
Allerdings gibt es bereits eigenständige Headless-Commerce-Lösungen wie SAP Spartacus, sodass nicht jede Funktion individuell entwickelt werden muss. Nehmen wir als Beispiel einen klassischen Kauf. Dieser endet in der Regel mit einem Checkout-Prozess, der in den meisten Fällen sehr ähnlich abläuft: Kundendaten abfragen und Zahlung abwickeln. Hier lässt sich der Erstellungsaufwand durch genau solche standardisierten Headless-Commerce-Tools erheblich reduzieren.
Wie bereits angedeutet, braucht es für die Umsetzung von Headless Commerce kompetente Designer*innen und Entwickler*innen. Zentraler und gleichzeitig kritischer Bestandteil von Headless-Systemen sind die Schnittstellen zwischen Frontend und Backend. Oder etwas genauer: zwischen der Frontend-Anwendung und dem jeweils dahinterliegenden Server, der den Website-Content bereitstellt. Sind diese Schnittstellen klar definiert, können Inhalte, Produktdaten und Bilder problemlos ausgetauscht oder Bestellungen ausgelöst werden. Auch der Checkout-Prozess samt Payment-Strategien wird über diese Schnittstellen abgebildet.
Ob SAP, CRM oder verschiedene Logik-Systeme: In der Regel sind diese Systeme über eine zwischengeschaltete Middleware an die Website gebunden. So können bei Bedarf Backend-Systeme aktualisiert oder sogar getauscht werden, ohne das Frontend zu beeinflussen. Umgekehrt kann auch das Frontend adaptiert werden, ohne dass im Backend Anpassungen vorgenommen werden müssen. Das Ergebnis: Auf Trends wird schnell reagiert, und dadurch kann letztlich das Nutzererlebnis verbessert werden.
Inhalte kanalgerecht optimiert ausspielen – eine Herausforderung, die auch und insbesondere im E-Commerce Relevanz hat. Schließlich findet der Verkauf in der Regel über mehrere Kanäle statt, die in ihrer User Experience teils stark variieren. Omnichannel-Strategien gewinnen in diesem Zusammenhang zunehmend an Bedeutung.
Einige dieser Kanäle, die Potenzial für den Einsatz von Headless-Commerce-Lösungen bieten, sind:
Fertige Standard-Software sucht man in diesem Zusammenhang allerdings vergebens. Dafür gibt es meiner Meinung nach zwei Gründe:
Ja, in der Tat. Wir verfolgen einen solchen Ansatz mit Siemens Mobility. Bestehende Entwicklungen im Backend werden wiederverwendet, während das Frontend auf Basis einiger Headless-Ansätze neu implementiert. Für die sogenannte MoBase nutzen wir die SAP Commerce Cloud als technische Basis. Dadurch können neben dem bestehenden CMS auch große Teile des Backends übernommen werden. Durch die Trennung von Backend und Frontend stellen wir ein konsistentes Look & Feel der MoBase sicher – auf allen Kanälen, Geräten und in allen Auflösungen.
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Spartacus ist eine Single Page Application (SPA), die als Progressive Web App (PWA) headless betrieben werden kann. Und damit schließt sich auch der Kreis zum Headless Commerce. SAP Spartacus besteht aus einem Set an Bibliotheken – und gilt damit als Basis für eine exemplarische Storefront. REST-APIs ermöglichen es, Microservices zu nutzen. Zudem kann SAP Spartacus zusammen mit SmartEdit, dem CMS Tool der SAP Commerce Cloud, verwendet werden.
So viel in Kürze. Jetzt mehr zu PWAs und SAP Spartacus lesen im Blogbeitrag SAP Spartacus.
Single Page Application (SPA)
Der Begriff Single Page Application bezeichnet eine Webanwendung, die aus einem einzigen HTML-Dokument besteht. Inhalte werden dynamisch nachgeladen.
Progressive Web App (PWA)
Progressive Web Apps lassen sich als hybride Websites beschreiben. Sie weisen Eigenschaften klassischer nativer Apps auf, sind allerdings über einen Browser aufrufbar.
SmartEdit
Bei SmartEdit handelt es sich um das CMS-Tool der SAP Commerce Cloud.
SAP Spartacus
SAP Spartacus ist eine SPA, die als PWA headless betrieben werden kann.
Headless Commerce
Von Headless Commerce ist immer dann die Rede, wenn die Software-Architektur entkoppelt ist. Sprich: Front- und Backend können getrennt voneinander agieren.
Während das Backend im Verborgenen bleibt, ist das Frontend das, was User*innen auf den verschiedenen Endgeräten sehen. Sprich der Außenauftritt, der die Qualität und den Gesamteindruck der Website bestimmt.
Jede Website hat eine technische Basis, und diese wird Backend genannt. Es verarbeitet und speichert Daten und Geschäftslogiken im Hintergrund, daher auch der Name.
Omnichannel
Omnichannel bezeichnet ein Geschäftsmodell für Unternehmen, die gleichzeitig über mehrere Kanäle in ständigem Kontakt mit ihren Kund*innen sein möchten.
Application Programming Interface (API)
Bei Application Programming Interfaces handelt es sich um Programmierschnittstellen, die verschiedene Anwendungen auf Quelltext-Ebene miteinander verbinden.
Content Management System (CMS)
CMS steht für Content Management System und bezeichnet ein webbasiertes Programm zur Inhaltsverwaltung auf Webseiten.
Local Storage
Einfach übersetzt bedeutet Local Storage lokaler Speicher. Gemeint ist in diesem Fall der lokale – und dauerhafte – Speicher im Browser der User*innen. Die Größe hängt vom Browser ab.
Internet of Things – oder auf Deutsch Internet der Dinge – ist ein technologischer Sammelbegriff. Er bezeichnet die Verknüpfung von physischen und virtuellen Objekten mittels Informations- und Kommunikationstechniken.
Unter B2B versteht man Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen, oder genauer: eine Geschäftsbeziehung von einem Unternehmen zu einem anderen Unternehmen.
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