3. März 2020
Digitalisierung bedeutet vor allen Dingen Veränderung. Diese Veränderung muss im Wesentlichen von denen getragen werden, die an der Umsetzung beteiligt und durch diese betroffen sind. Warum aktives Change Management im Kontext von Digitalisierungsbemühungen Pflicht ist.
Change-Management wird oft als Mittel zum Zweck betrachtet, um beschlossene Veränderungen auf der Arbeitsebene durchzusetzen. Jedoch birgt aktives Change Management bei der digitalen Veränderung ein noch viel größeres Potential. Während das Geschäftsmodell grundsätzlich Rahmen und Zielbild darstellt, ist das wahre Gold der Digitalisierung oft im Detail zu schürfen.
Daher ist das Einbeziehen von tagtäglich involvierten Mitarbeiter*innen schon früh in der Findungs- und Konzeptionsphase sinnvoll. Das gilt nicht nur in Front-Office Bereichen wie dem Vertrieb, sondern beispielsweise auch im Kontext von Controlling und Finanzen.
Niemand kennt die Schmerzpunkte der Konsolidierung besser, als die Kollegin, die regelmäßig im Monatsabschluss unsaubere Intercompany Buchungen bereinigt. Niemand weiß mehr über Verzögerungen in der internen Berichterstattung, als der Controller, der heterogene Kennzahlen unterschiedlicher Gesellschaften auf einen Nenner bringen muss. Niemand hat ein größeres Interesse an sauberen Stammdaten, als die/der Kolleg*in, der/die in der Stammdatenpflege Unstimmigkeiten, Lücken und Duplikate in einer vielschichtigen, historisch gewachsenen Systemlandschaft auseinander sortiert.
Veränderung durch Digitalisierung kann leicht als Bedrohung für bestehende Institutionen, etablierte Hierarchien und bereits verteilte Verantwortungsbereiche gesehen werden. Auf der einen Seite der Digitalisierungs-Medaille werden Prozesse verschlankt und Kapazitäten für andere wertstiftende Arbeiten freigesetzt. Auf der anderen Seite werden etablierte Gewohnheiten aufgebrochen.
Nicht der technische Fortschritt an sich stellt die Errungenschaft der Digitalisierung dar, sondern der banale Fakt, dass (reale) Menschen dadurch mehr Möglichkeiten haben als vorher. Nachhaltige Veränderung und nichts anderes als Innovation dient dem Wohle des Menschen. Dieser Gedanke ist in der harten Wirtschaftsrealität zugleich naiv, aber auch der Maßstab, der Transformation tragfähig macht. Entscheidend ist die Fähigkeit, einerseits Technologie zu nutzen und das Arbeitsumfeld davon prägen zu lassen, gleichzeitig aber immer wieder die Richtung kritisch zu hinterfragen und kreative Lösungen zu sich ändernden Problemstellungen neu zu erdenken.
Das Hinterfragen und Umgestalten eines Geschäftsmodells und der damit verbundenen Prozesse bedingt mindestens Offenheit für, wenn nicht sogar aktives Einfordern von neuen Impulsen von Seiten der Unternehmensführung und Fördern einer Kultur, in der Mitarbeiter*innen auch Vorgesetzte mit neuen, ungewohnten, möglicherweise nicht ganz konfliktfreien Alternativen konfrontieren können. Zwar müssen Hierarchien nicht abgeschafft werden, aber zumindest so weit zusammenrücken, dass stetiger, konstruktiver Austausch zwischen und über verschiedene Ebenen hinweg möglich ist.
Auch wenn, oder gerade weil Digitalisierung die Möglichkeit zu tiefgreifender Veränderung impliziert, muss der Faktor Mensch im Vordergrund stehen. Um Hürden abzubauen und Veränderung nachhaltig herbeiführen zu können, ist aktives Change-Management essenziell. Das umspannt das Einbeziehen von Mitarbeiter*innen in den Konzeptions- und Implementierungsprozess, wie auch die Gestaltung von Organisationsstrukturen als Teilhabe-Erlebnis. Change Management bedeutet aber auch eine bewusste Veränderung und Steuerung von Kommunikationsmustern und -medien sowie eine forcierte Aus- und Weiterbildung.
Fakten und Ratio allein reichen nicht, um Veränderung in agilen, schnellen Zyklen zielgerichtet realisieren zu können. Mitarbeiter*innen müssen unter Zuhilfenahme digitalisierter Kommunikation mitgenommen werden. Das beschränkt sich nicht auf Videokonferenzen, Chats, Foren und Blogs – obwohl diese geeignete Medien zur Ergänzung sind. Vielmehr sollte Kommunikation nicht mehr linear von oben nach unten in Regelintervallen, beispielsweise durch das monatliche Rundschreiben, geschehen, sondern asymmetrisch, agil und unmittelbar sein.
Entscheidend ist das Fördern und Fordern einer proaktiven, konstruktiven und lösungsorientierten Kollaborationskultur. Beispiel Meeting Kultur: Der monologgeladene Jour Fixe der großen Runde weicht täglichen Standup-Meetings innerhalb agiler Projektteams und zwischen den jeweiligen Verantwortlichen – gerne auch digital und nicht zwingend in einem sterilen Meetingraum.
Auch das Ausbildungsangebot muss sich am agilen Charakter der Digitalisierung orientieren. Train-the-trainer Programme und Key User-Schulungen lösen flächendeckende Präsenzseminare ab. Neben intuitiv gestalteter Software bieten sich on-demand (Video-)Tutorials anstelle von ellenlangen Handbüchern an. Im Zusammenhang damit lässt sich auch die eigene IT entsprechend ausrichten. Ein zentraler Expert-Level-Support ermöglicht das Bündeln von Expertise, um als Auffangnetz für Power User aus den Fachbereichen im Krisenfall unmittelbare Hilfestellung anzubieten, Korrekturen direkt selbst durchzuführen oder durch dritte (Cloud-)Dienstleister zu managen.
Digitalisierung bedeutet auch eine Konvergenz fachlicher und technischer Themen. Während die Aufgabengebiete der Fachbereiche zunehmend technisch geprägt werden, wird im Umkehrschluss auch von der IT ein höheres fachliches Verständnis vorausgesetzt.
Das Controller*in-Profil hat sich über die vergangenen Jahrzehnte deutlich verändert. Zum einen sind die Aufgaben umfangreicher, deutlich aktiver und direkter Bestandteil der Geschäftssteuerung geworden. Somit hat sich aber gleichzeitig im Vergleich zum Buchhalter ein neues Berufsbild herauskristallisiert, dem gleichermaßen auch andere Kenntnisse und Fähigkeiten vorausgesetzt werden. Das betrifft sowohl fachliche und strategische Fragen der Steuerung als auch Software-technisches Verständnis. Heute werden von einem*r Controller*in unter anderem gute Excel-, möglicherweise sogar VBA- und gegebenenfalls Kenntnisse in weiteren Front-end Tools erwartet.
Die Digitalisierung, in der IT selbst zu einem wesentlichen Bestandteil des Geschäftsmodells reift, wird diesen Trend weiter verstärken. So wird von dem/der Controller*in der Zukunft ein noch tieferes inhaltliches Verständnis der fachlichen Sachzusammenhänge, aber auch des diese widerspiegelnden Datenmodells verlangt. Der/die Controller*in der Zukunft muss IT-Systeme dahingehend manipulieren können, dass sie ihm/ihr aus dem Datengeflecht genau die für seine/ihre Steuerung nötigen Erkenntnisse bringen.
Im Umkehrschluss kann und darf sich die IT nicht länger auf die technische Spielwiese zurückziehen. Im Gegenteil gilt es umso stärker, den seit Jahrzehnten formulierten Anspruch eines Business Partners nebst dem technischen Know-how auch mit Businesskompetenz füllen zu können.
Im Kern geht es um eine Veränderung des Anforderungsprofils, nicht ein immer weiteres Überfrachten einer Rolle und Position. Gleichwohl muss diese Veränderung moderiert und bewusst gesteuert werden. Verantwortliche müssen daher Strukturen schaffen, die Fachbereich und IT enger miteinander vernetzen. Bewährt hat sich etwa die Schaffung der Rolle eines/r Business Analyst*in als zentrales Steuerungsorgan im Anforderungsmanagement innerhalb der IT und auch in der Projektleitung.
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